Endlich geklärt: Seit 50 Jahren konkurrieren zwei Berge um den Titel als höchster Gipfel des arktischen Nordamerika – jetzt hat ein neues Messverfahren Klarheit geschaffen. Eine Kombination aus Luftbild-Auswertung und GPS-Messungen zeigt, dass Mount Ito im Nordosten Alaskas mit rund 2.736 Metern am höchsten aufragt. Sein bisheriger „Rivale“ Mount Chamberlin erreicht sogar nur den dritten Platz, wie US-Forscher berichten.
Der höchste Berg Nordamerikas ist seit Jahrzehnten unangefochten der Denali in Alaska. Er ragt rund 6.190 Meter hoch auf und ist dank seiner isolierten Lage ein imposanter Anblick. Weniger klar war jedoch die Lage jenseits des Polarkreises, beim Titel des höchsten Bergs der nordamerikanischen Arktis. Denn eine Vermessung des US Geological Survey in den 1950er Jahren hatte widersprüchliche Ergebnisse geliefert.
Den alten Messungen nach kommen gleich zwei nahe beieinander liegende Berge in Frage, der Mount Ito und der Mount Chamberlin. Während letzterer mit 9020 Fuß Höhe angegeben wurde – 2.749,30 Meter, gab es für den benachbarten Mount Ito zwei Werte – einen höher und einen niedriger als der Mount Chamberlin. Auch einige weitere nahe Berggipfel lagen nur wenige Meter hinter diesen Werten.
Neue Vermessungstechnik
Um die Frage nach dem höchsten Gipfel der US-Arktis zu klären, haben Matthew Nolan von der University of Alaska in Fairbanks und die Skiläuferin und Bergsteigerin Kit DesLauriers diese Berge im Nordosten Alaskas nun neu vermessen. Sie nutzten dabei eine von Nolan entwickelte Vermessungstechnik, Fodar genannt.
Diese Messtechnik kombiniert GPS-Messungen vom Flugzeug aus mit Luftbildaufnahmen, aus denen sich mittels Photogrammetrie ein dreidimensionales Bild ergibt. „Die Kern-Ausrüstung besteht nur aus einer professionellen Spiegelreflexkamera, einem guten Objektiv, einem hochauflösenden GPS und ein bisschen Elektronik um Kamera und GPS zu verbinden“, erklärt Nolan. „Fodar ist genauso präzise wie alternative Methoden, beispielsweise Laserscanning, aber deutlich billiger.“
Per Flugzeug und Ski
Für die Fodar-Messung flog Nolan mit einer Cessna über die Gipfel hinweg und erstellte die GPS-verknüpften Luftbilder. Ein spezieller Algorithmus sorgt dabei für akkurates Timing von Belichtungszeitpunkt und GPS-Messung, so dass die Messpunkte weniger als zehn Zentimeter Abweichung aufwiesen, berichtet der Forscher.
Zur gleichen Zeit bestieg DesLauriers die Berge und machte bei der Abfahrt per Ski regelmäßig GPS-Messungen. „Die Idee dabei ist es, Erhebungen gleichzeitig aus der Luft und vom Boden aus zu messen“, erklärt Nolan. „Der Vergleich der Messpunkte verrät dann zusätzlich die Genauigkeit der Messungen.“
Mount Ito überragt alle
Das Ergebnis: „Es gibt keinen Zweifel mehr daran, dass er Mount Ito mit 2.736 Metern der höchste Berg der US-Arktis ist“, berichten Nolan und DesLauriers. Weil der höchste Gipfel des kanadischen Polargebiets, der Barbeau Peak auf Ellesmere Island, nur 2.616 Meter hoch ist, ist Mount Ito sogar der höchste Berg der gesamten nordamerikanischen Arktis – und der höchste Arktis-Gipfel außerhalb Grönlands.
Der langjährige „Rivale“ Mount Chamberlin entpuppte sich dagegen sogar nur noch als dritthöchster Gipfel. Denn der benachbarte Mount Hubley überragt ihn jetzt mit 2.718 Metern um fünf Meter, wie Nolan und DesLauriers berichten. Ursache für diesen Rangwechsel könnten Unterschiede in der Eisbedeckung der beiden Gipfel sein: Während der des Mount Hubley aus purem Fels besteht, besitzt Mount Chamberlin einen Gipfelgletscher – und dieser hat unter dem Klimawandle gelitten.
Messmethode für Schnee und Eis
Die Vermessung der Arktisgipfel klärt aber nicht nur die Gipfelfrage, sie demonstriert auch die Eignung der Fodar-Methode. Immerhin erreichten die Messungen eine Abweichung von weniger als 20 Zentimetern, wie Nolan und DesLauriers berichten: „Unsere Analysen zeigen, dass diese Photogrammetrie-Methode genauso präzise waren wie Vergleichsmessungen mit LIDAR.“
Nach Ansicht des Glaziologen ist diese Methode daher vielseitig einsetzbar. „Obwohl es Spaß gemacht hat, die Gipfelhöhen zu bestimmen, liegt unser hauptsächlicher Einsatz von Fodar darin, Veränderungen der Cryosphäre zu ermitteln“, erklärt Nolan. So ließe sich damit künftig die Gletscherentwicklung, die Erosion von arktischen Küsten oder Veränderungen des Permafrosts messen. (The Cryosphere, 2016; doi: 10.5194/tc-10-1245-2016)
(European Geosciences Union (EGU), 24.06.2016 – NPO)