Im brandenburgischen Groß-Schönebeck geht ein Pilotversuch des GeoForschungsZentrums Potsdam (GFZ) für ein Erdwärmekraftwerk in die zweite Runde: Eine neue Forschungsbohrung bis in 4.300 Meter Tiefe soll, gemeinsam mit einer bereits existierenden Bohrung den Wasserkreislauf zwischen unterirdischem Wärmereservoir und Oberfläche schließen und so die Förderung der Erdwärme für ein geothermische Kraftwerk möglich machen.
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Professor Rolf Emmermann, Vorstandsvorsitzender des GFZ Potsdam, sagte anlässlich der Bewilligung von Fördermitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) für die neue Bohrung: „Das GeoForschungsZentrum Potsdam untersucht das Potenzial der Geothermie bereits seit fast einem Jahrzehnt. Wissenschaftlich und ökonomisch gesehen ist die vorgesehene Stromerzeugung aus Geothermie unter hiesigen geologischen Bedingungen Neuland. Wir wissen aber: die im tieferen Untergrund vorhandene Erdwärme ist nicht nur umweltfreundlich, sondern bietet sich auch als nachhaltige Optionfür die zukünftige Energieversorgung an.“
Wärmereservoir unter Norddeutschland
Experimente in der GFZ-Geothermie-Bohrung haben nachgewiesen, dass sich die in weiten Teilen des Norddeutschen Beckens verbreiteten Heißwasservorkommen zur Stromerzeugung eignen. Nach den Experimenten wurde ein untertägiger Wasserzufluss erreicht, der die Stromerzeugung aus Erdwärme energiewirtschaftlich interessant macht. „Anders als Sonne und Wind ist Erdwärme jederzeit verfügbar und kann daher auch zur Grundlastversorgung eingesetzt werden. Durch die Zusammenarbeit mit einem industriellen Partner, der Vattenfall Europe, wollen wir auch einen schnellen Übergang unserer Forschungsergebnisse in die wirtschaftliche Anwendung erreichen,“ ergänzt Rolf Emmermann.
Vattenfall Europe hat die Absicht erklärt, den Nachweis der Nachhaltigkeit geothermischer Stromerzeugung in Groß Schönebeck ebenfalls mit einer Million Euro zu unterstützen. Wenn diese Nachhaltigkeit sich erweist, wird das Energie-Unternehmen auch den Kraftwerksbau finanziell sicherstellen.
Bereits beim Niederbringen der neuen Bohrung soll der Wärmespeicher durch gezielt ausgerichtetes und besonders schonendes Bohren mittels verträglicher Kühl- und Spülverfahren für die spätere Langzeitnutzung optimal vorbereitet werden. Die Vergabe der Bohrarbeiten sind europaweit ausgeschrieben worden. Die Bohrarbeiten sollen noch im Herbst dieses Jahres beginnen.
Geothermie könnte sich rechnen
Zur wirtschaftlichen Nutzung der Erdwärme müssen in der Tiefe neben einer genügend hohen Temperatur auch ausreichende Mengen an Wasser vorhanden sein. Wenn das Gestein zu wenig Poren und Klüfte aufweist, in denen das heiße Tiefenwasser zirkulieren kann, kann man den Wasserfluss durch Stimulation erhöhen. Dazu wurden an der Forschungsbohrung Groß Schönebeck neue Verfahren entwickelt.
Ernst Huenges, Sektionsleiter Geothermie am GFZ Potsdam, meint dazu: „Mit unserem neuen Stimulationsverfahren haben wir gezeigt, dass die Produktivität von Geothermielagerstätten gezielt gesteigert werden kann. Die hier erprobte Stimulationstechnologie ist weltweit auf Gebiete ähnlicher geologischer Struktur übertragbar. Das Projekt hat damit Pilotcharakter für die geothermische Stromerzeugung.“ Kein unwichtiges Argument für die Exportfähigkeit: Allein das Norddeutsche Becken ist eine geologische Struktur, die sich von Polen bis in die Niederlande erstreckt.
Der größte Vorteil geothermischer Kraftwerke ist die Grundlastfähigkeit. Geothermische Energie steht, im Gegensatz zu Solar- und Windenergie, 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr bedarfsorientiert zur Verfügung. Sie kann damit maßgeblich zum Ausbauziel der Erneuerbaren Energien bis 2010 und zu einer nachhaltigen Energieversorgung beitragen.
(GFZ GeoForschungsZentrum Potsdam, 18.08.2005 – NPO)