Solarenergie, Wind- und Wasserkraft, Bioenergie und Geothermie: Bereits jede zehnte Kilowattstunde Strom kommt in Deutschland aus erneuerbaren Energien. Wissenschaftler des Forschungszentrums Geesthacht haben nun eine neuartige Membran entwickelt, mit deren Hilfe sogar aus dem Konzentrationsunterschied zwischen Salz- und Süßwasser Strom gewonnen werden kann. Ein Mini-Prototyp eines solchen Osmose-Kraftwerks ging unlängst im norwegischen Trondheim in Betrieb.
Süßwasser und Meerwasser haben einen unterschiedlich hohen Salzgehalt. Bringt man beide Flüssigkeiten zusammen, durchmischen sich diese zum Brackwasser, bis überall ein gleich hoher Salzgehalt herrscht. Trennt man jedoch das Meerwasser durch eine spezielle Membran vom Süßwasser, so baut sich zwischen beiden Flüssigkeiten ein natürlicher osmotischer Druck von bis zu 27.000 Hektopascal auf, der sich zur Energiegewinnung nutzen lässt.
Das neu entwickelte Kraftwerk ist aus mehreren Röhren-Modulen aufgebaut, in denen Salz- und Süßwasser zirkulieren und nur durch eine dünne Membran voneinander getrennt sind. Aufgrund der unterschiedlichen Salzkonzentrationen wird das Süßwasser durch die Trennschicht regelrecht vom Meerwasser angesaugt. Der Clou daran: Die semipermeable Membran ist nur für Süßwasser durchlässig und funktioniert wie eine Einbahnstraße. Durch den steten Zustrom an Süßwasser baut sich so im Behälter des Meerwassers mit der Zeit ein starker Druck auf, der durch eine Turbine zur Stromerzeugung genutzt werden kann.
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Wissenschaftler des Forschungszentrums Geesthacht GKSS entwickelten in den letzten drei Jahre mit Unterstützung des EU-Projekts „Salinity Power“ die Membran als das Herzstück eines solchen Osmose-Kraftwerks. Gemeinsam mit dem norwegischen Energiekonzern Statkraft soll die hochspezialisierte und extrem dünne Haut in den nächsten Jahren weiter verbessert werden. Denn um wirtschaftlich nutzbar zu sein, muss die Membran noch effektiver das Salzwasser zurückhalten und gleichzeitig für Süßwasser stärker durchlässig sein.
Doch bereits heute sind erste Erfolge der Forschungsarbeiten vom GKSS-Team um Klaus-Viktor Peinemann durch die Inbetriebnahme des Mini-Prototyps in Trondheim sichtbar. Denn durch die Verbesserung der Membraneigenschaften konnten die Wissenschaftler die Leistung der Membran von anfänglich 0,02 bereits auf zwei Watt pro Quadratmeter Fläche steigern. Allerdings sind satte vier bis fünf Watt nötig, um an eine wirtschaftliche Energiegewinnung denken zu können. „Wir haben in den drei Jahren viel geschafft“, resümiert Projektmitarbeiterin Karen Gerstandt. Aber trotz aller Erfolge bleibt sie auch realistisch: „Ein gutes Stück des Weges haben wir noch vor uns.“
Die Vorteile der Osmose-Technik liegen auf der Hand: Sie ist emissionslos und überall einsetzbar, wo Wasser vorhanden ist. Ein idealer Standort wäre die unmittelbare Nähe zu einem Fluss und dem Meer. So könnte theoretisch irgendwann ein entsprechend dimensioniertes Kraftwerk an der Mündung des Rheins rund 1,5 Millionen Haushalte mit Strom versorgen. Bis dahin wird aber noch viel Wasser den Rhein herunterfließen, denn mit der Marktreife der Anlage rechnen die Wissenschaftler erst in einigen Jahren.
(GKSS, 07.06.2005 – AHE)