Geowissen

Sturmwinter in der Antarktis

Kann die Forschungsstation Neumayer III den antarktischen Winterstürmen trotzen?

Polarstation Neumayer III © AWI

Während bei uns der Sommer immer weiter an Boden gewinnt, herrscht in der Antarktis eisiger Winter. Sie bringen Stürme mit sich, die doppelt so stark sind wie in Mitteleuropa. Auch die neue deutsche Polarstation Neumayer III muss ihnen trotzen. Damit sie dies kann, haben Bauingenieure die zu erwartenden Windlasten genau berechnet.

Mitten im ewigen Eis steht Neumayer III, die erste oberirdische Polarstation der Antarktis. Ihre hydraulischen „Füße“ erlauben es ihr, sich immer oben auf die Schneedecke zu stellen, weswegen sie nicht wie ihre im Eis liegenden Vorgänger durch die wachsende Last des drückendenden Eises bedroht ist. Andere Bedrohungen jedoch sind neu, wie die starken Stürme der Antarktis. Unter dem Eis waren die bsiherigehn Stationen gut geschützt vor der Gewalt der Winde, das oberirdische Bauwerk jedoch ist ihnen ungeschützt ausgesetzt.

Welche Windlasten auf das Bauwerk einwirken können, haben Bochumer Bauingenieure jedoch noch vor dem Bau berechnet. Ihre Ergebnisse führten zu einigen Änderungen an den Bauplänen, wie sie jetzt in der aktuellen Ausgabe von RUBIN, dem Wissenschaftsmagazin der Ruhr-Universität Bochum, berichten.

Zweimal so stark, doppelt so lang

Die Winter in der Antarktis haben es in sich: Nicht nur Temperaturen bis zu 40 Minusgraden herrschen im ewigen Eis. Auch Stürme toben, wie wir sie aus unseren Breiten nicht kennen. Während in Deutschland durchschnittlich zwei Stürme pro Jahr vorkommen, ist die Anzahl der jährlichen Stürme in der Antarktis mehr als zehnmal so hoch. Dabei gelten deutsche Windverhältnisse als Sturm, wenn die mittlere Windgeschwindigkeit mindestens 14 Meter pro Sekunde beträgt. ZumVergleich: Der Orkan Kyrill, der im Januar 2007 das öffentliche Leben lahmlegte, hatte in Düsseldorf eine mittlere Windgeschwindigkeit von etwa 19 Metern pro Sekunde.

Die Windgeschwindigkeiten der stärksten Stürme in der Antarktis sind etwa doppelt so hoch wie die der deutschen Stürme. Ein Sturm wie Kyrill kommt hierzulande statistisch etwa alle 20 Jahre vor – im antarktischen Winter allerdings etwa 22mal pro Jahr. Und während den Stürmen in Europa nach wenigen Stunden die Puste ausgeht, haben die antarktischen Stürme einen besonders langen Atem. Sie sind nicht nur doppelt so stark, sie dauern auch mehr als doppelt so lange wie unsere Stürme.

Wie reagiert die Station auf einen extremen Sturm?

Die Polarstation muss dem gewachsen sein. Aufgabe der Bochumer Windexperten war es daher, zu testen, wie sie auf einen extrem starken Sturm reagiert. Sie entwarfen also einen Sturm, der mit über 97-prozentiger Wahrscheinlichkeit niemals toben wird. Sie fütterten ihre Simulationsprogramme mit den Wetterdaten der Antarktis – unter anderem eine höhere Luftdichte als bei uns, die die Gewalt einer Windbö vergrößert. Dann ließen sie den angenommenen stärksten Sturm auf die geplante Station los. Dabei wurden auch die zufällig entstehenden Wirbel berücksichtigt, die mit großer Wucht auf das Bauwerk einwirken.

Die lange Dauer der durchschnittlichen antarktischen Stürme brachte auch Fragen nach der Ermüdung des Baumaterials auf, die die Ingenieure untersuchten. Schließlich kümmerten sie sich noch um die Schwingungen, in die der starke Wind die Station versetzt. Dieser Aspekt war vom Erbauer der Station, dem Alfred-Wegener-Institut, zuvor noch nicht berücksichtigt worden. Die Ergebnisse machten Änderungen an der Planung erforderlich. Zum Beispiel wurde die Unterkonstruktion verstärkt, damit die Forscher nicht im Winter an vielen Tagen durchgeschüttelt werden.

(Ruhr-Universität Bochum, 14.07.2009 – NPO)

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