Eis als Zeitmaschine: Ein neues Projekt soll in der Antarktis nach dem ältesten Eis der Welt suchen. Die Forscher erkunden, wo ein Eisbohrkern gewonnen werden kann, der 1,5 Millionen Jahre altes Eis zutage fördert. Zwei Standorte in der Ostantarktis sind in der engeren Wahl und werden nun vor Ort geprüft. Ein Eisbohrkern dieses Alters könnte wertvolle neue Einblicke in Klima und Umwelt der Vergangenheit liefern.
Eisbohrkerne sind ein Fenster in die Vergangenheit der Erde. Denn winzige Luftblasen und Ablagerungen im Eis geben Aufschluss über Klima und Umweltbedingungen zur Entstehungszeit des Eises. Der bisher älteste Eisbohrkern wurde 2006 im Rahmen des EPICA-Programms in der Ostantarktis gewonnen. Er stammt aus bis zu 2.774 Metern Tiefe und reicht knapp 900.000 Jahre in die Vergangenheit.
Blick zurück ins frühe Eiszeitalter
Der EPICA-Eisbohrkern hat bereits wertvolle Daten zu den vergangenen Methangehalten der Atmosphäre geliefert und zu eiszeitlichem Staub. Zudem belegt er, dass in den letzten 800.000 Jahren die CO2-Gehalte der Atmosphäre noch nie so hoch waren wie heute.
Doch jetzt wollen Klimaforscher noch weiter zurückgehen: Im Projekt „Beyond EPICA – Oldest Ice“ (BE-OI) wollen sie bis zu 1,5 Millionen Jahre altes Eis finden. Ein solcher Eisbohrkern könnte unter anderem klären helfen, warum sich vor 900.000 bis 1.200.000 Jahren der Takt der Warm- und Kaltzeiten plötzlich änderte – von vorher alle 40.000 Jahre auf nur noch alle 100.000 Jahre.
Zwei Standorte in der engeren Wahl
Die ersten praktischen Arbeiten für das neue Bohrprogramm starten bereits in Kürze: In der Antarktis werden Forscher an zwei verschiedenen Stellen die Dicke des Eispanzers seine physikalischen Eigenschaften und die Topographie des darunterliegenden Bodens erkunden. Diese Messungen
rund um Dome C und Dome Fuji in der Ostantarktis sollen zeigen, welcher Standort für die künftige Bohrung am besten geeignet ist.
„Aus früheren Studien haben wir Gebiete herausgearbeitet, in denen wir das älteste Eis der Erde vermuten“, sagt Projektkoordinator Olaf Eisen vom Alfred-Wegener-Institut. „Jetzt gilt es, möglichst viel über die Ablagerungsprozesse und die Beschaffenheit des Eises zu lernen.“ Bei den Feldstudien werden zudem notwendige Bohrtechnologien weiterentwickelt und erprobt.
Steht dann der günstigste Standort fest, beginnt mit dem Projektteil „Beyond EPICA – Drilling Phase“ die eigentliche Bohrung. Der dann geförderte Eisbohrkern könnte – so hoffen die Forscher – einzigartige Erkenntnisse über das Klima und die globalen Kohlenstoffflüsse liefern. Dieses Wissen könnte auch die Prognosen für das Klima der Zukunft verbessern helfen.
(Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, 15.11.2016 – NPO)