Geowissen

Südozean wird (fast) fünftes Weltmeer

National Geographic Society erkennt Südozean offiziell an, IHO debattiert noch

Südozean
Der Südozean umgibt die Antarktis – aber ist er auch ein eigenständiges Weltmeer? © Connormah /CC-by-sa 3.0

Wie viele Weltmeere gibt es? Bei der Antwort auf diese Frage blieb ein Ozean meist außen vor – der Südozean. Denn anders als andere Weltmeere ist dieses Meeresgebiet rund um die Antarktis nicht von Landmassen begrenzt, sondern von der antarktischen Ringströmung. Dennoch hat die National Geographical Society den Südozean nun offiziell als fünftes Weltmeer anerkannt. Die International Hydrographic Organization (IHO), die für die Benamung aller Meere zuständig ist, ist jedoch noch uneins.

Unser Planet zu drei Vierteln von Wasser bedeckt, große Meer dominieren seine Oberfläche. Doch wo liegen die Grenzen dieser Ozeane und welche gelten als Weltmeer? Schon in der Antike sprach man davon, über die „sieben Meere“ zu segeln – welche Gewässer allerdings zu diesen sieben gehörten, war je nach Kultur höchst unterschiedlich. Nach aktueller Definition der International Hydrographic Organization (IHO gibt es nur vier Weltmeere: Pazifik, Atlantik, Indischer Ozean und Arktischer Ozean.

Ist der Südozean ein eigenes Meer?

Doch es gibt ein Meer, das zwar in der wissenschaftlichen Literatur längst als eigenständiges Gewässer genannt wird, aber dessen offizieller Status umstritten ist: der Südozean. Er umfasst die Gewässer jenseits des 60. südlichen Breitengrades und damit das Meer, das die Antarktis umgibt. Das Problem: Während die anderen Weltmeere durch Landmassen abgegrenzt sind, scheint der Südozean buchstäblich fließend in Pazifik, Atlantik und Indik überzugehen.

Genau das ist der Grund, warum auch die IHO den Südozean zwar 1937 zunächst offiziell als Weltmeer in ihre Richtlinien aufnahm, dies aber 1953 wegen sich widersprechender Ansichten ihrer Mitglieder wieder rückgängig machte. Seinen Namen erhielt dieses Meeresgebiet allerdings schon vor hunderten Jahren, als Seefahrer wie der spanische Entdecker Vasco de Balboa im 16. Jahrhundert erstmals in diese Gewässer vordrang.

Anerkennung durch NOAA und National Geographic

In diesem Jahr ist Bewegung in die Debatte um den Südozean gekommen: Die US-Meeresbehörde NOAA hat im Februar 2021 den Südozean als Weltmeer anerkannt, am 8. Juni 2021 hat nun auch die National Geographic Society offiziell ihre Karten und Einstufungen entsprechend angepasst. „Wir haben ihn auf den Karten zwar schon immer entsprechend benannt, aber in anderer Schrift als die anderen Weltmeere“, erklärt Alex Tait, Geograf bei der National Geographic Society.

Jetzt wird sich dies ändern und der Südozean bekommt auch auf den weltweit prägenden Kartenwerken der Organisation den Status eines Weltmeeres. Nach Ansicht von Tait ist dies vor allem für den Bildungsbereich wichtig: „Schulkinder bekommen Informationen über die Meereswelt auch dadurch, welche Ozeane sie kennenlernen“, so der Geograf. „Wenn der Südozean nicht dabei ist, lernen sie auch nicht seine Besonderheiten und wie wichtig er ist.“

Grenzen des Südozeans
Wo die offizielle Grenze des Südozeans liegen soll, ist noch immer strittig. © Cruickshanks/CC-by-sa 3.0

..aber weiter Uneinigkeit bei der IHO

Von Seiten der IHO steht die Anerkennung des Südozeans als Weltmeer allerdings noch immer aus, bisher gilt er nur als Seegebiet. Im Jahr 2000 wurde die Frage unter den Vertretern der Mitgliedsstaaten erneut diskutiert. Von den 28 der 68 Mitgliedsländer, die in der Abstimmung eine eindeutige Haltung bezogen, waren 27 dafür, aber Argentinien dagegen. Zudem gab es widerstreitende Ansichten darüber, wo die Grenze des Südozeans verlaufen soll: Während die Hälfte für den 60. Breitengrad stimmte und damit den Bereich, der in etwa die Grenze des Zirkumpolarstroms markiert, gab es auch Verfechter eines schon am 50. Breitengrad beginnenden Südozeans.

Als Folge gibt es zwar bereits einen Entwurf der IHO für eine neue Aufteilung der Weltmeere auf der Südhalbkugel, dieser ist aber bisher mangels Einigkeit nicht angenommen. Deshalb gilt noch immer die schon 1953 herausgegebene Fassung der „Limits of Oceans and Seas“, in der Pazifik, Atlantik und Indik bis an die Küste der Antarktis reichen. Auch die offizielle Kartografie einzelner Länder unterschiedet sich bisher: Für Australien beginnt der Südozean an ihren Südküste, Großbritannien zeichnet die Grenze offiziell am 55. südlichen Breitengrad ein.

Antarktischer Zirkumpolarstrom
Der Antarktische Zirkumpolarstrom umgibt den Südozean und grenzt ihn von den anderen Weltmeeren ab. © NASA

Die Eigenheiten des Südozeans

Was aber macht den Südozean zu einem eigenständigen Weltmeer? Für die meisten Meeresforscher ist die Antwort klar: Die Gewässer rund um die Antarktis sind zwar nicht von Landmassen eingegrenzt, wohl aber von einer fast ebenso wirksamen Barriere – dem Antarktischen Zirkumpolarstrom (ACC). Diese ringförmige Meeresströmung umgibt den Südozean seit mindestens 34 Millionen Jahren etwa auf Höhe des 60. südlichen Breitengrads.

Das breite, von West nach Ost fließende Strömungsband hemmt den Wasseraustausch mit den angrenzenden Meeren und sorgt dafür, dass das Wasser des Südozeans kälter und etwas weniger salzig ist als das der anderen Ozeane. Dadurch bildet der Südozean auch einen eigenen Lebensraum für viele Meeresorganismen, die nirgendwo sonst vorkommen. Lange galt die marine Region rund um die Antarktis sogar als biologisch weitgehend isoliert vom Rest der Meereswelt – das gilt inzwischen aber wohl nur noch eingeschränkt, wie jüngste Beobachtungen zeigen.

Wegen seiner besonderen Bedingungen spielt der Südozean auch eine herausragende Rolle für das Klimasystem der Erde. Während des Eiszeitalters könnte er mit dafür gesorgt haben, dass sich der Takt der Warm- und Kaltzeiten veränderte – die Kaltzeiten wurden länger. Heute spielt der vertikale Austausch von Oberflächen- und kaltem Tiefenwasser in diesem Gebiet eine wichtige Rolle für den Transport von gelöstem Kohlendioxid in die Meerestiefen.

Quelle: National Geographic Society, IHO

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