Um den mit bloßem Auge am Nachthimmel sichtbaren Stern 55 Cancri A kreisen nicht nur so viele Planeten wie um keinen anderen bisher bekannten, einer dieser Exoplaneten hat sich jetzt zudem als der dichteste bekannte Gesteinsplanet überhaupt entpuppt. Das hat eine Neubeobachtung von Stern und Planet mittels Transitmethode enthüllt. Der Exoplanet „55 Cancri e“ konzentriert die achtfache Masse der Erde auf nur 60 Prozent mehr an Größe, berichtet das internationale Astronomenteam in der Fachzeitschrift „Astrophysical Journal Letters”.
Rund 41 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Krebs umkreisen sich im Doppelsternsystem 55 Cancri der sonnenähnliche Gelbe Zwerg 55 Cancri A und sein Partner, der Rote Zwerg 55 Cancri B. Soweit so normal. Berühmt wurde 55 Cancri A aber durch die Anzahl der ihn begleitenden Planeten: Gleich fünf Stück entdeckten die Astronomen in den letzten fünf Jahren dort – so viele wie in keinem anderen bisher bekannten Exoplanetensystem. Alle fünf Planeten verrieten sich durch das leichte Taumeln und Wackeln des Zentralsterns, das mit Hilfe der so genannten Radialgeschwindigkeitsmethode identifiziert worden war.
Jetzt hat ein Astronomenteam den 2004 entdeckten Planeten 55 Cancri e erneut ins Visier genommen, diesmal mit der Transitmethode. Bei dieser Methode machen die Forscher sich zunutze, dass ein vor seinem Stern vorüberziehender Planet eine winzige Helligkeitseinbuße in dessen Licht erzeugt. Aus Dauer und Stärke dieser Verdunklung lassen sich Umlaufzeit und Hinweise auf Masse und Größe des Planeten ermitteln. Im Falle von 55 Cancri e enthüllte diese Neubeobachtung mit dem kanadischen Weltraumteleskop MOST (Microvariability & Oscillations of STars) einige Überraschungen.
Heißer Planet auf enger Umlaufbahn
Zum einen umkreist 55 Cancri e seinen Stern noch näher als ursprünglich angenommen. Er benötigt nur 17 Stunden und 41 Minuten für einen Umlauf. „Man könnte die Daten auf dieser Welt per Armbanduhr festlegen, einen Kalender bräuchte man nicht“, erklärt Jaymie Matthews von der Universität von British Columbia. Als Folge der sehr engen Umlaufbahn ist die Oberfläche des Planeten extrem heiß, die Temperatur könnte bei bis zu 2.700° Celsius liegen. „Wegen der infernalischen Hitze ist es unwahrscheinlich, dass 55 Cancri e eine Atmosphäre besitzt”, erklärt Josh Winn vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). „Daher ist dies nicht unbedingt der Ort, an dem Exobiologen nach Leben suchen würden.“
Dichtester Planet mit fester Oberfläche
Die erste Beobachtung des Planeten per Transitmethode enthüllte aber noch weitaus Spannenderes: Die Verdunklung des Zentralsterns von rund einem 50stel Prozent bei jedem Orbit verriet den Astronomen, dass 55 Cancri e vermutlich einen Durchmesser von rund 21.000 Kilometer besitzt. Das macht ihn nur rund 60 Prozent größer als die Erde, aber extrem viel schwerer. Er konzentriert rund die achtfache Masse der Erde in seinem Volumen.
Damit hätte 55 Cancri e fast die Dichte von massivem Blei und wäre der dichteste bekannte Exoplanet mit fester Oberfläche. „Auf dieser Welt – dem dichtesten bisher entdeckten Planeten mit fester Oberfläche im Sonnensystem oder sonstwo – würde man drei Mal mehr wiegen als auf der Erde“, erklärt Jaymie Matthews von der Universität von British Columbia. „Am Tage würde die Sonne dort 60 Mal größer und 3.600 Mal heller am Himmel scheinen.“
Optimale Lage für Exoplanetenforschung
Für die Astronomen ist dieser Fund und vor allem die gelungene Beobachtung per Transitmethode noch aus einem anderen Grund wichtig: „Die Helligkeit des Zentralsterns ermöglicht viele Arten von sensiblen Messungen, daher ist 55 Cancri e das perfekte Labor um Theorien zu Planetenbildung, -Evolution und -Entwicklung zu testen“, erklärt Winn. Denn der Stern 55 Cancri A gehört zu den mit bloßem Auge am Nachthimmel sichtbaren Sternen. „Es ist wunderbar, auf einen mit bloßem Auge sichtbaren Stern aufzuschauen und die Masse und den Radius von einem seiner Planeten zu kennen, vor allem von einem besonderen wie diesem“, so Winn. (Astrophysical Journal Letters, 2011; arXiv:1104.5230v1)
(University of British Columbia, 02.05.2011 – NPO)