GeoUnion

Tauchfahrt in Europas Unterwasserreich

HERMES untersucht Kontinentalränder

Ob Nordsee, Atlantik, Mittelmeer, Arktisches Meer oder Schwarzes Meer – rund ein Drittel Europas liegt unter Wasser verborgen. Zwar sind die flachen Küstenzonen vergleichsweise gut erforscht, doch die tieferen Kontinentalabhänge sind noch weitgehend weiße Flecken auf den Forscherlandkarten. Denn nur schätzungsweise zehn Prozent des Meeresgrundes sind bereits vermessen. Nun soll das internationale Forschungsprojekt HERMES sprichwörtlich Licht ins Dunkel der Tiefe bringen.

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Europas größtes Reich liegt unter Wasser und ist dennoch unbekannter als die Oberfläche des Mondes: der Meeresboden. Dabei liegen die Kontinentalränder, die Übergangszonen zwischen ozeanischer und kontinentaler Kruste, in der Regel „nur“ 200 Meter bis vier Kilometer unter der Oberfläche. Seit April 2005 arbeiten nun Biologen, Biochemiker, Geowissenschaftler und Ozeanographen gemeinsam daran, die 15.000 Kilometer langen und bis zu 200 Kilometer breiten Kontinentalhänge Europas zu erforschen.

Hermes taucht ab

Das internationale Forschungsprojekt „Hotspot Ecosystem Research on the Margins of European Seas“ (HERMES) vereint Wissenschaftler aus 15 Ländern und 45 Forschungseinrichtungen. Sie bearbeiten im Wesentlichen fünf große Themenkomplexe: Lebensraum Kontinentalränder, Korallenriffe, kalte Quellen, sauerstoffarme Systeme und untermeerische Canyons. Eine zentrale Rolle kommt hierbei dem Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) zu, das mit seiner geowissenschaftlichen Online-Plattform PANGAEA zum Dreh- und Angelpunkt des Datenmanagements werden soll.

An ausgewählten Orten tauchen die Forscher mit modernster Technik in die Tiefe: vor der ukrainischen Halbinsel Krim, am „Stiefel“ Italiens, vor der Küste Irlands und Norwegens sowie rund um die Iberische Halbinsel. Aus früheren Forschungsfahrten ist bekannt, dass sich dort wissenschaftlich äußerst interessante „Ökosystem-Hotspots“ wie Schlammvulkane, Gaskamine, Schwarze Raucher oder Kalte Quellen befinden. Methan „fressende“ Bakterien oder unter Luftabschluss lebende Mikroben sind nur zwei der erstaunlichen Phänomene dieser extremen Lebensräume.

Von Schleppern und Kinderstuben

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Erst vor einigen Jahren entdeckten Forscher darüber hinaus in den kalten Gewässern vor Norwegens Küste ausgedehnte Korallenbänke, die bislang nur im tropisch-warmen Gewässer vermutet worden waren. Zahlreiche Kleinstlebewesen bevölkern die Kontinentalränder und die riesigen Canyons an den Hängen gelten als Kinderstube der Tiefseefische. Dabei sind diese Unterwasserregionen keineswegs ein vom Menschen unberührter Raum: Schleppnetze reißen auf der Jagd nach Beute den Meeresboden auf und Schadstoffe aus der Luft und den Flüssen belasten den empfindlichen Lebensraum.

HERMES möchte aber nicht nur neue Daten über diese weitgehend unbekannten Ökosysteme sammeln und damit zu ihrem Schutz beitragen. Möglicherweise stecken im Meeresboden auch Ressourcen, die sich auf eine nachhaltige und umweltgerechte Weise fördern lassen. Schließlich befinden sich fast alle Kontinentalränder innerhalb der Europäischen Wirtschaftszone und könnten von den jeweiligen Ländern erschlossen werden. Doch bis es soweit ist, müssen die Wissenschaftler von HERMES vermutlich noch oft ins Dunkel der Tiefsee eintauchen.

(HERMES, 05.08.2005 – AHE)

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