Gibt es Veränderungen in den Lebensgemeinschaften am Meeresboden des Eismeers in Folge der immer wärmer werdenden Arktis? Dieser Frage gehen jetzt Erlanger Paläontologen vom 29. Juli bis zum 17. August 2006 im Rahmen einer dreiwöchigen Polar-Expedition mit dem neuen Eisrandforschungsschiff Maria S. Merian vor Spitzbergen nach.
"Wenn es so läuft, wie ich es mir vorstelle, dann werden wir die gesamte Küstenregion Nordspitzbergens auf dem Wasser, unter Wasser und über Wasser erkunden. Dazu haben wir eine interdisziplinäre Forschergruppe, bestehend aus Meeresbiologen, Ozeanographen, Geologen und Polarhistorikern zusammengeführt.", sagt Professor André Freiwald von der Universität Erlangen-Nürnberg. Der Leiter des Forscherteams erwartet eine spannende Expedition, die das Schiff in wenig kartierte Gewässer führen wird.
Bereits vor einhundert Jahren versuchten Forscher, einen Seeweg über die sibirischen Schelfmeere in den Pazifik zu erkunden. Die Entdeckung einer Meerespassage im Eis ist eine weitere Herausforderung für das Forscher-Team.
Der gerade in der Arktis zu beobachtende Klimawandel und die immer dünnere Meereisbedeckung hat einen großen Boom auf der Suche nach Rohstoffen in den Gewässern um Spitzbergen ausgelöst. Riesige Erdölvorkommen, die man derzeit erkundet, schlummern in der Barents-See. "Lange Zeit war es ruhig in der von den Norwegern verwalteten Inselregion", berichtet Freiwald. "Heute ist die Barents-See durch den Klimawandel zu einem Brennpunkt wirtschaftlicher Interessen zwischen Norwegen und Russland geworden. Da fahren wir mit der Merian nun mittenrein", sagt Freiwald über die Expedition ins Eismeer.
Aus diesem Grunde verfolgen nicht nur Wissenschaftler den Verlauf und die Ergebnisse dieser Expedition mit großem Interesse, sondern auch Vertreter aus der Wirtschaft und Politik.
Steilwände unter Wasser werden erforscht
Die Forschergruppe hat das Ziel, die bislang schwer zugänglichen Steilwände unter Wasser mit dem Forschungstauchboot Jago zu untersuchen. Dazu wollen die Wissenschaftler bis zum 81. Breitengrad vorstoßen und bis in die kaum erforschten Fjorde von Nordaustlandet, dem nördlichsten Punkt Europas, vordringen. Hier versank 1912 das Schiff der Deutschen Arktis Expedition sowie das Schiff der Hilfsexpedition von 1913 auf der Suche nach der Nordostpassage.
Das Schicksal dieses verlustreichen Kapitels deutscher Polarforschung versucht der Polarhistoriker Professor Fricke des Max Planck Institutes Seewiesen aufzuklären. Um die stummen Zeugen dieser Tragödie zu dokumentieren, sind auch Landexpeditionen vorgesehen.
Durch die moderne Arbeitsplattform des Forschungschiffes Maria S. Merian, das Tauchboot Jago und den Einsatz eines norwegischen Helikopters sind die Forscher optimal für alle sich bietenden Situationen in den wenig bekannten Gewässern ausgerüstet.
(idw – Universität Erlangen-Nürnberg, 28.07.2006 – DLO)