Geowissen

Tektonischer Reißverschluss generierte Chile-Beben

Forscher: Ablauf des Februar-Erdstoßes war bis zu einem gewissen Grad vorhersehbar

GPS-Messungen der Verlagerungsvektoren © GFZ

Der komplizierte Bruchverlauf, den das Erdbeben in Concepción (Chile) vom 27. Februar 2010 nahm, war bis zu einem gewissen Grad vorhersehbar. Dies berichten Potsdamer Geowissenschaftler in einer neuen im Wissenschaftsmagazin „Nature“ veröffentlichten Studie.

Danach zeigen GPS-Beobachtungen aus den Jahren vor dem Beben das Muster der Spannungen, die sich durch die Plattenbewegungen der letzten 175 Jahre in diesem Bereich angesammelt hatten. Die aus Beobachtungen abgeleitete Spannungsverteilung korreliert den Forschern des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ zufolge in hohem Maße mit der späteren Bruchverteilung.

Weiteres Erdbeben unwahrscheinlich

Durch das Beben wurden sehr wahrscheinlich alle Spannungen abgebaut, die sich seit dem letzten, von Charles Darwin beobachteten Beben in dieser Region im Jahre 1835 aufgestaut hatten. Das macht ein vergleichbares Starkbeben an dieser Stelle in naher Zukunft unwahrscheinlich, so die Wissenschaftler weiter.

„Das Maule-Erdbeben bei Concepción, Chile vom 27. Februar zählt mit einer Momenten-Magnitude von 8,8 zu den größten Beben, welches durch ein modernes Netzwerk weltraum-geodätischer und geophysikalischer Messsysteme am Boden vollständig erfasst wurde“, sagte dazu Professor Onno Oncken vom Department Geodynamik am GFZ. „Damit bietet es die einmalige Möglichkeit, detaillierte Beobachtungen vor dem Beben mit denen während und nach dem Beben zu vergleichen und Hypothesen zur Voraussagbarkeit solcher Ereignisse neu zu bewerten.“

Erdbebenmechanismus an einer Subduktionszone:

Ungleichmäßiger Spannungsaufbau

Messungen mithilfe des Satellitennavigationssystems GPS zeigten, dass sich der pazifische Ozeanboden der Nazca-Platte nicht gleichmäßig unter den westlichen Rand des südamerikanischen Kontinents schiebt. Vielmehr lässt sich aus den GPS-Messungen ableiten, dass sich an einigen Stellen der Ozeanboden mit dem Untergrund des Kontinents verhakte. In den Zwischenräumen allerdings schob sich die Nazca-Platte weiter unter Südamerika.

Der ungleichmäßige Spannungsaufbau entlud sich nach Angaben der GFZ-Forscher durch das Beben vom 27. Februar derart, dass wie bei einem Reißverschluss eine verhakte Stelle nach der nächsten aufriss. Damit ist diese seismische Lücke vor der chilenischen Westküste geschlossen, es bleibt ein letzter Zwischenraum im Norden Chiles.

Ozeanische Kruste taucht unter Kontinentaler Kruste ab. Die beiden Platten reiben aneinander und stauen Spannungen in der Erdkruste auf, die sich ruckartig lösen können und ein Erdbeben verursachen. © GFZ

Hier haben die GFZ-Wissenschaftler ein Plattengrenzen-Observatorium aufgebaut, um mit dem gesamten Instrumentarium der Geowissenschaften den Zustand vor, während und nach einem Beben festzuhalten – ein wichtiger Schritt zum Verständnis der Abläufe der Plattentektonik.

Erdbeben nicht vorhersagbar

Die moderne Geowissenschaft kann zwar weiterhin nicht Ort, Stärke und Zeit von Erdbeben vorhersagen. Die neue Studie bietet dennoch eine optimistische Perspektive, was die Abschätzbarkeit möglicher Bruchverläufe und Magnituden zu erwartender Erdbebens angeht, schreiben die Forscher in Nature.

(Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, 09.09.2010 – DLO)

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