Archäologie

Terrakotta-Armee war knallbunt

Die chinesischen Tonkrieger bekommen ihre ursprünglichen Farben zurück

Ein Bogenschütze aus der Terrakotta-Armee - heute und in der farbigen Rekonstruktion. © Blänsdorf/ Lehrstuhl für Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungswissenschaft

Grün geschminkte Gesichter und bunte Gewänder: Die Krieger der berühmten Terrrakotta-Armee waren einst enorm farbenprächtig. Erst beim Ausgraben ging ihre Farbenpracht verloren und sie wurden eintönig graubraun. Wie diese Figuren zur Zeit ihrer Erschaffung aussahen, haben deutsche und chinesische Restauratoren in jahrelanger Detailarbeit entschlüsselt und rekonstruiert. Die Rekonstruktionen enthüllen einen erstaunlichen Farb- und Detailreichtum.

Generäle, Bogenschützen, Infanteristen, Offiziere, Wagenlenker: Sie alle stehen oder knien lebensgroß in der Grabanlage des ersten Kaisers von China, Qin Shihuangdi. Aus 7.300 Figuren, so schätzen Experten, besteht die berühmte Terrakotta-Armee. Wie groß die gesamte Grabanlage jedoch tatsächlich ist, weiß niemand. Denn bisher wurden 200 Beigabengruben auf einer etwa 50 Quadratkilometer großen Fläche um den mächtigen Grabhügel entdeckt – es könnte aber noch einige mehr geben.

Von grau-braun zu knallbunt

Die Krieger der berühmten Terrakotta-Armee sind heute eintönig grau-braun gefärbt, doch das war nicht immer so. Schillernd bunt waren die beeindruckenden Krieger, hatten nachgebildete Pferde und Wagen und waren sogar mit echten Waffen ausgestattet. Werden die Figuren aber bei den Ausgrabungen der feuchten Erde entnommen, verdunstet das Wasser aus dem damals verwendeten und die Grundierung löst sich – die Krieger verlieren ihre Farbe.

Um die ursprüngliche Farbgebung zu rekonstruieren, hat Catharina Blänsdorf von der TU München gemeinsam mit chinesischen Kollegen mehr als zehn Jahre lang Farbreste analysiert. Es gelang, die ursprüngliche Bemalung von insgesamt 55 Figuren zu rekonstruieren – und die ziemlich bunt: Vor allem Blau, Grün, Rot, Violett, Rosa und Weiß zierten die Krieger, seltener auch Akzente in Schwarz und Ocker.

Erstaunlich detailreich: Rückenansicht des Gewands eines Generals © Blänsdorf/ TU München

Aufwändige Ornamente

Die Kleidung bestand aus Gewand, Untergewand, Hose und Schienbeinschutz. Alle diese Elemente waren unterschiedlich gefärbt und bei bestimmten Figuren waren die Panzer mit Mustern versehen, wie Blänsdorf herausfand. Die aufwändigen Ornamente geben den Wissenschaftlern zum Teil immer noch Rätsel auf. „Sie lassen sich grob in geometrische Formen, wie etwa Rauten, Sterne oder Blüten und zoomorphe Formen wie Vögel, Drachen und Phönix unterteilen“, erklärt die Restauratorin.

Uniformen existierten in der Armee nicht. Der Rang wurde durch die Kopfbedeckung und die Panzer gekennzeichnet. Die Generäle etwa trugen eine Kappe, die mit Fasanenfedern geschmückt war. Ihre Panzer besaßen kompliziert verschnürte Platten, Besätze mit Mustern und Seidenstoffe auf Brust und Rücken. Bei den Wagenoffizieren bedeckt der schürzenartige Panzer nur den Bauch und ist auf dem Rücken mit überkreuzenden Bändern befestigt. Diese waren in zwei Streifen geteilt, von denen vorderseitig der eine den Panzer säumt, der andere den Halsausschnitt. Sie trugen Kappen mit einem eckigen, abgewinkelten Streifen auf dem Kopf.

Faszinierende Detailgenauigkeit

Jede der Figuren ist einzigartig. So besitzen manche Generäle einen kleinen Wohlstandsbauch, aber auch unter den Infanteristen befinden sich stämmige Männer. Es ist den Künstlern gelungen, die Gesichtszüge so realistisch nachzubilden, dass sich verschiedene Lebensalter darin abzeichnen. Einer der knienden Bogenschützen hat als Alleinstellungsmerkmal sogar ein grün geschminktes Gesicht.

Durch Pinselstriche erzeugten die Künstler dieser Federstrukturen © Römisch-Germanisches Zentralmuseum

Die Maler erzeugten mithilfe der Pinsel Strukturen, die sich vom Hintergrund plastisch abheben. Auf diese Weise bildeten sie zum Beispiel Federn nach. An bestimmten Stellen des Körpers, wie etwa an den Schultern, sieht es aus, als würde das Muster des gemalten Kleidungsstücks sich etwas verziehen – so wie es in der Realität der Fall wäre. „Auch Augenbrauen und Schnurrbärte sind auf diese Weise realistisch dargestellt“, sagt sie.

Die Forscher arbeiten nun an einer Methode, wie sich bei Ausgraben neuer Figuren der alte Lack erhalten lässt. Eine Möglichkeit ist das Auftragen von Polyethylenglycol (PEG), das das verdunstende Wasser im Lack ersetzt und diesen so stabilisiert. Der Nachteil dieser Methode: Die Figuren wirken dunkler als im Original. Auch können bei dieser Behandlung noch Risse im Lack auftreten, wenn das Wasser schneller verdunstet als das Lösungsmittel aufgetragen wird. Eine bessere Konservierung der Farben, aber auch die Erhaltung der bereits ausgestellten Figuren sind Herausforderungen, die noch vor den chinesischen Denkmalschützern liegen.

(TU München, 20.03.2015 – NPO)

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