Geowissen

Wo entstanden die ersten Kontinente?

Submarine Vulkanplateaus könnten der Geburtsort der ersten Kontinentalkruste gewesen sein

TTG-Krustengestein
Dieses gemusterte Gestein gehört zum TTG-Komplex, der ältesten Kontinentkruste der Erde. Doch wie ist sie einst entstanden? © Jaana Halla

Weder Plattentektonik noch Asteroiden: Die erste Kontinentalkruste unseres Planeten könnte anders entstanden sein als gedacht, wie Geologen entdeckt haben. Demnach lagen die Wurzeln der ersten Landmassen wahrscheinlich unter urzeitlichen Vulkanplateaus im Meer. Die enormen Lavamassen ihrer Eruptionen drückten die Ozeankruste in die Tiefe und heizten ihren Unterrand auf. Dadurch schmolz das dortige Basaltgestein auf und wurde in granitisches Krustengestein umgewandelt – die Basis aller heutigen Kontinente.

Am Anfang war unser Planet nur von ozeanischer Basaltkruste bedeckt. Erst später wandelte sie sich durch erneutes Aufschmelzen teilweise in die silikatreichere, leichtere Kontinentkruste um – und die ersten Landmassen erhoben sich aus dem Meer. Doch wann und wie die ersten Kontinentwurzeln entstanden, ist strittig. Einer Theorie nach löste erst der Beginn der Plattentektonik und die Subduktion von Krustenteilen diese Umwandlung aus. Aber auch die Last der ersten Gebirge oder Einschläge von Asteroiden gelten als mögliche Ursachen.

Banff-Nationalpark
In den Bergen des Banff-Nationalparks in Kanada treten einige der ältesten kontinentalen Krustengesteine der Erde zutage. © Gorgo

Doch es gibt noch ein weiteres Szenario: Die erste Kontinentkruste könnte sich auch unter urzeitlichen Vulkanplateaus gebildet haben. Dort stiegen große Mengen heißes Magma aus dem unteren Erdmantel auf und verursachten Vulkanausbrüche, die Millionen Jahre anhielten. Dadurch verdickte sich die Kruste dieser Vulkanplateaus und drückte die unteren Krustenschichten in tiefere, heißere Zonen. Dort könnte die Ozeankruste geschmolzen und in die Vorläufer der granitischen Kontinentkruste umgewandelt worden sein – so die Annahme.

Spurensuche im TTG-Komplex

Neue Belege für dieses Szenario haben nun Matthijs Smit und seine Kollegen von der University of British Columbia entdeckt – in Proben des sogenannten Tonalit-Trondhjemit-Granodiorit-Komplexes (TTG). Dieser granitähnliche Krustentyp gilt als archaische Form der frühen Kontinentkruste und kommt unter anderem in Teilen Grönlands und in Kanada vor. Mit einem Alter von bis zu 3,8 Milliarden Jahren gilt der TTG-Komplex als ältestes kontinentales Krustengestein der Erde.

„Skurrilerweise haben viele Leute Varianten dieses Gesteins als Küchenarbeitsplatte. In gewisser Weise bereiten sie ihr Essen auf dem Gestein zu, das einst die ersten Kontinente bildete“, erklärt Smit. Für ihre Studie hatten sie Daten von allen bekannten Varianten der TTG-Kruste auf ihre Elementzusammensetzung hin analysiert. „Ein bestimmter Satz an Elementen erlaubt es uns, die chemischen Veränderungen zu rekonstruieren, die das TTG-Magma einst durchlaufen hat. Dadurch können wir auf die Zusammensetzung der ursprünglichen Quellgesteine schließen.“

Subduktion war nicht heiß genug

Die Analysen enthüllten, dass die Gesteine des TTG-Komplexes wahrscheinlich aus urzeitlichem Gabbro entstanden sind. Bei diesem magmatischen Gestein handelt es sich um das in größerer Tiefe gebildete Gegenstück zum Basalt der oberen Ozeankruste. Das Interessante jedoch: Gabbro benötigt relativ hohe Temperaturen, um zu schmelzen – mehr als an den meisten Subduktionszonen selbst in größerer Tiefe herrschen.

Das spreche dagegen, dass die Umwandlung dieses ozeanischen Gabbros in TTG-Kruste durch die Plattentektonik und die urzeitlichen Subduktionszonen geschah. „Die Gabbros der unteren Krustenplatte wären beim Subduzieren zwar weich geworden und hätten sich verformt. Aber sie würden nicht schmelzen“, erklären die Geologen. Um den Gabbro zum Schmelzen und damit zur Umwandlung in TTG-Kruste zu bringen, seien extremere Bedingungen nötig.

TTG-Bildung
So könnte die erste Kontinentalkruste entstanden sein: Die ozeanische Kruste (grün= Basalt, violett=Gabbro) wurde durch vulkanische Aktivität dicker und ihr Unterrand heizte sich auf. Gabbro schmolz und wurde in TTG-Gestein und Granite (orange) umgewandelt. © Smit et al./ Nature Communications, CC-by 4.0

Vulkanplateaus als „Schmelzöfen“

Genau diese Bedingungen könnte unter den urzeitlichen Vulkanplateaus geherrscht haben: Mithilfe eines geophysikalischen Modells rekonstruierten Smit und sein Team, wie dort Gabbro in kontinentale TTG-Kruste umgewandelt wurde. Demnach sorgte die Last der enormen Lavamengen dafür, dass sich die damals noch ozeanische Kruste in diesen Regionen verdickte. Dadurch wurde der Unterrand der Kruste mitsamt dem dort vorkommenden Gabbro bis in rund 40 Kilometer Tiefe gedrückt.

„Diese Absenkung würde die Grenze zwischen Kruste und Mantel von anfängliche 700 Grad bis auf 900 Grad aufheizen – und damit über die Schmelztemperatur von hydratisiertem Gabbro hinaus“, berichten die Forscher. Als Folge wandelte sich der Gabro dort in TTG-Kruste um – die erste Kontinentalkruste entstand.

„Rein endogener Mechanismus“

Nach Ansicht der Geologen bestätigen ihre Ergebnisse, dass die erste Kontinentalkruste auch ohne Plattentektonik oder Einschläge von Asteroiden entstanden sein kann. Stattdessen reichten die enormen Eruptionen der unterseeischen Vulkanplateaus, um die ersten TTG-Gesteine zu bilden. „Dies umfasst einen vollständig endogenen Mechanismus, der das anhaltende Krustenwachstum und die Kratonbildung während des Archaikums erklärt“, konstatieren Smit und seine Kollegen.

Sollte sich dies bestätigen, dann könnten die ersten Landmassen unabhängig vom Einsetzen der Plattentektonik entstanden sein. (Nature Communications, 2024; doi: 10.1038/s41467-024-44849-4)

Quelle: University of British Columbia

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