Elche fressen Pflanzen und werden ihrerseits von Wölfen gefressen – soweit, so normal. Doch jetzt haben Biologen eine bisher unbekannte Rückkopplung in dieser Nahrungskette entdeckt: Das Jagdverhalten der Wölfe beeinflusst auch die Artenvielfalt an der Basis des Ökosystems. Die Aasreste der Raubtiere liefern Mikroben, Pilzen und Pflanzen wertvolle Nährstoffe und bilden so Flecken besonders reichen Wachstums, wie die Forscher jetzt in der Fachzeitschrift „Ecology“ berichten.
Dass in einem Ökosystem jedes Glied des Nahrungsnetzes in irgendeiner Weise mit einem anderen durch gegenseitige Wechselwirkungen direkter oder indirekter Art verknüpft ist, ist eine Binsenweisheit. Aber es gibt Fälle, da schafft es die Natur, sogar Biologen noch zu überraschen. Joseph Bump, Rolf Peterson und John Vucetich von der Technologischen Universität Michigan hatten sich in ihrer Studie ein klassisches Räuber-Beute-Modell vorgenommen: die Nahrungskette von Pflanze zu Elch zu Wolf. Sie wollten herausfinden, welchen Einfluss diese Kette auf die Artenvielfalt im Lebensraum hat.
Aas-Fundstellen analysiert
Dazu analysierten Bump und seine Kollegen Daten der letzten 50 Jahre zu Aasfunden auf Isle Royale, der größten Insel im Oberen See, dem nördlichsten der großen Seen Nordamerikas. Zusätzlich verglichen sie die Konzentrationen der Nährstoffe Stickstoff, Phosphor und Kalium im Boden einmal unter von Wölfen erlegtem Aas, einmal in Kontrollstellen ohne Aas. Auch die Mikroben- und Pilzbesiedlung im Boden und in den Blättern der Großblattaster, einer in Ost- und Mittelnordamerika häufigen Pflanze.
Das Ergebnis: Der Boden an den Aas-Fundstellen enthielt 100 bis 600 Prozent mehr anorganischen Stickstoff, Phosphor und Kalium als die Böden der Kontrollstellen. Zudem registrierten die Forscher dort 38 Prozent mehr bakterielle und pilzliche Fettsäuren, ein Indiz für erhöhtes Wachstum dieser Organismen. Prinzipiell war es nicht überraschend, dass Nährstoffe aus toten Tieren in den Boden gelangen.