Besser als sein Ruf? Das klimaschädliche Treibhausgas Methan kann sich auch positiv auf den Treibhauseffekt auswirken. Forschern zufolge verwandeln sprudelnde Methanquellen am Meeresboden vor Spitzbergen das Wasser darüber in einen wahren Schwamm für Kohlenstoffdioxid. Die erhöhte CO2-Aufnahme kompensiert demnach nicht nur die klimaschädliche Wirkung des freigesetzten Methans. In der Bilanz wirkt sie sogar der Erderwärmung entgegen, wie die Forscher berichten.
Große Mengen des Treibhausgases Methan sind in den Meeresböden der Arktis eingeschlossen. Tritt es aus und gelangt in die Atmosphäre, verstärkt es dort den Treibhauseffekt. Dabei übersteigt seine Treibhauswirkung die von Kohlenstoffdioxid um den Faktor 30 – zumindest bei Betrachtung eines 100 Jahre-Zeitraums. Auf lange Sicht ist CO2 allerdings schädlicher, weil es deutlich länger in der Atmosphäre verweilt als Methan.
Dennoch schauen viele Experten besorgt auf die Permafrost- und Meeresböden der Arktis. Dort sind gewaltige Mengen an Methan eingeschlossen. Werden sie durch die steigenden Temperaturen irgendwann freigesetzt und gelangen dann in die Atmosphäre, wo sie den Klimawandel weiter beschleunigen würden?
Positive Bilanz für den Treibhauseffekt
Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung von Jens Greinert vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel hat sich die Klimawirkung von Methan nun genauer angeschaut. Dazu haben die Forscher in der Nähe der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen den Gasaustauch zwischen dem arktischem Meerwasser und der Atmosphäre direkt über natürlichen Methanquellen am Meeresboden untersucht.
Ihr überraschendes Ergebnis: Ausgerechnet über den Methanquellen absorbiert der Ozean 2.000 mal mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre als umgekehrt Methan in die Atmosphäre gelangte. „Sogar wenn man die stärkere Treibhauswirkung des Methans herausrechnet, haben wir in diesen Bereichen also eine negative Wirkung auf den Treibhauseffekt“, erklärt Greinert. Den Wissenschaftlern zufolge ist der kühlende Effekt durch die CO2-Aufnahme 231 mal größer als der erwärmende Effekt des freiwerdenden Methans aus den Seegrund-Quellen.
Verstärkte Aktivität von Algen
Den Grund für diesen Effekt vermuten die Wissenschaftler in Photosynthese betreibenden Algen. Sie sind über den Methanquellen deutlich aktiver und können so mehr Kohlendioxid aufnehmen und umsetzen. Zusammen mit dem Methan-reichen Bodenwasser gelangt nährstoffreiches Wasser vom Meeresboden zur Oberfläche und begünstigt so das Wachstum der Algen.
„Diese Studie ist die erste, die diesen Zusammenhang so deutlich aufzeigen konnte“, berichtet Greinert. Es bestehe aber wahrscheinlich kein ursprünglicher Zusammenhang zwischen der Existenz der Methanquellen und dem Transport von Bodenwasser an die Meeresoberfläche, sagen die Forscher.
Neues Image für Methan?
„Wenn das, was wir in der Nähe von Spitzbergen beobachtet haben, vergleichbar an ähnlichen Orten auf der ganzen Welt vorkommt, könnte es bedeuten, dass Gebiete mit natürlichen Methan-Quellen in flachen Randregionen der Ozeane nicht notwendigerweise einen wärmenden Effekt auf das Klima haben, sondern dass es durch die deutlich größere CO2-Aufnahme zu einem kühlenden Effekt kommt“, spekuliert Greinert. „Dies ist genau umgekehrt zu dem was wir bisher dachten.“
Ob die These des kühlenden Effekts von Methan wirklich haltbar ist, müssen jedoch weitere Untersuchungen in anderen Teilen des Ozeans zeigen. (Environmental Sciences, 2017; doi: 10.1073/pnas.1618926114)
(GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 09.05.2017 – CLU)