Wo gibt es nach einem heißen Sommertag am ehesten einen Regenschauer? Entgegen bisherigen Annahmen kommt es über trockenen Gebieten eher zu Wärmegewittern als in feuchten Gegenden. Das hat ein internationales Forschungsteam durch Auswertung von Satellitendaten festgestellt. Bisherige Computermodelle hatten das Gegenteil vorausgesagt – sie müssen nun neu überdacht werden, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Schlechtwetterfronten, die vom Meer über den Kontinent ziehen, können große Gebiete mit Regen überziehen. Ganz anders jedoch entstehen die klassischen Sommergewitter, die oft auf kleinere Regionen beschränkt bleiben: Anstatt quer übers Land steigen hier die Luftmassen vom heißen Boden senkrecht nach oben auf. Sie bilden hohe Niederschlagswolken, die schließlich abregnen, man spricht von konvektivem Niederschlag. Oft ist diese Art von Regen am Nachmittag eines heißen Tages zu beobachten.
„Man könnte glauben, dass über feuchten Böden das Wasser eher verdunstet und zur Bildung von konvektiven Niederschlägen beiträgt“, sagt Wouter Dorigo vom Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung der TU Wien, einer der Studienautoren. „Das würde bedeuten, dass es zu einer positiven Rückkoppelung kommt: Dort wo es feucht ist, regnet es umso mehr, wo es trocken ist, bleibt auch weiterhin der Regen eher aus.“
Neue Messdaten widersprechen den Computermodellen
In Wirklichkeit scheint es aber umgekehrt zu funktionieren: „Wir haben Daten verschiedener Satelliten ausgewertet, mit denen die Bodenfeuchte auf der ganzen Welt auf einer Größenskala von fünfzig bis hundert Kilometern gemessen wurde. Diese Daten weisen darauf hin, dass konvektiver Niederschlag eher über trockenen Böden auftritt“, erklärt Wouter Dorigo. Die gemessenen Daten stehen damit im Widerspruch zu bisherigen Computermodellen. Eine endgültige Erklärung für diesen Effekt muss erst gefunden werden. „Die Luft über trockenen Böden heizt sich leichter auf, dadurch könnte es wohl zu einer intensiveren vertikalen Luftbewegung kommen“, vermutet Dorigo. Bisher können die Computermodelle den komplexen Prozess aber noch nicht detailliert genug beschreiben.
Die Bodenfeuchte kann weltweit mit Hilfe von Satelliten gemessen werden: Man greift dabei auf Mikrowellenstrahlung zurück, die im Gegensatz zu sichtbarem Licht die Wolkendecke problemlos durchdringen kann. Entweder wird die natürliche Mikrowellenstrahlung der Erde gemessen und daraus auf die Bodenfeuchte geschlossen (passive Messung), oder der Satellit sendet gezielt Mikrowellenpulse auf die Erde und misst, wie stark dieser Puls von der Erdoberfläche reflektiert wird (aktive Messung). An der TU Wien werden diese Daten dann verarbeitet und in Bodenfeuchtigkeits-Werte umgerechnet.
(TU Wien, 13.09.2012 – NPO)