Jetzt ist es amtlich: Die USA kündigt das Pariser Abkommen zum Klimaschutz, wie US-Präsident Donald Trump gestern verkündete. In seiner von fragwürdigen Behauptungen durchsetzten, eher wirren Rede begründete er dies damit, dass das Abkommen für die US-Wirtschaft schädlich und zudem unfair sei. In Kraft tritt die Kündigung jedoch erst im Jahr 2020. Nach Ansicht vieler Experten ist die US-Entscheidung zwar ein Rückschlag für Klimaschutz und Pariser Abkommen, aber keine Katastrophe – und könnte sogar positive Seiten haben.
Die Rolle der USA als Bremser im Klimaschutz hat fast schon Tradition: Schon vor 20 Jahren hatte die damalige US-Regierung das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert – und damit sein Inkrafttreten erheblich verzögert. Bei den Weltklimagipfeln der letzten zehn Jahre gehörten die USA fast immer zu denjenigen, die sich Reduktionsverpflichtungen widersetzten und häufig sogar das Scheitern der Verhandlungen mitverantworteten.
Das Pariser Abkommen und die USA
Beim Klimagipfel von Paris im Dezember 2015 gelang dann doch eine Einigung – und auch die USA unterzeichneten das Abkommen. Allerdings: Als Zugeständnis an die republikanische Mehrheit im US-Kongress blieben Teile des Abkommens nicht-verbindlich. Und die eingereichten US-Reduktionsziele – Senkung der CO2-Emissionen bis 2025 um 26 bis 28 Prozent gegenüber dem Ausstoß im Jahr 2005 – reichen wie bei vielen anderen Ländern nicht aus, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen.
Während sich unter Obama aber wenigstens ein Sinneswandel der USA beim Klimaschutz abzeichnete, kehrt Donald Trump zur alten Linie zurück. Schon im Wahlkampf machten seine Aussagen deutlich, dass er den Klimawandel für wenig relevant hält – und den Klimaschutz als Hindernis für seine „America First“-Politik sieht.
Trump: Austritt „ab sofort“
Jetzt hat Donald Trump verkündet, dass die USA „ab sofort“ aus dem Pariser Abkommen austreten wird. Alle Zahlungen an den Green Climate Fonds werden ab sofort eingestellt und auch die zum Abkommen eingereichten Verpflichtungen zur Emissionssenkung werde man nicht berücksichtigen – was die USA seit Trumps Amtsantritt ohnehin schon nicht mehr getan hat.
Allerdings: Gültig wird die Kündigung des Pariser Abkommens ohnehin erst im November 2020. Denn in der Vereinbarung ist festgelegt, dass kein Unterzeichner vor Ablauf von drei Jahren kündigen kann und dann dauern die Austrittsverhandlungen ein weiteres Jahr. Ironischerweise könnte dies bedeuten, dass diese Entscheidung der Trump-Regierung erst zum Amtsantritt seines Nachfolgers wirksam wird.
Rede gespickt von falschen Fakten
Trumps Rede war mit einer Vielzahl falscher Zahlen und offensichtlich unwahren Behauptungen gespickt. „Diese Rede von Mr. Trump ist ein erstaunliches Konzentrat der schlimmsten Argumente einiger Klimaskeptiker und fossil-Lobbyisten – und das ist noch höflich ausgedrückt“, kommentierte Pascal van Ypersele, einer der Hauptautoren des letzten Weltklimaberichts, auf Twitter.
So erklärte Trump, dass das Pariser Abkommen es den USA verbiete, neue Kohlekraftwerke zu bauen, während alle anderen dies ungehindert weiter tun dürften. Richtig ist, dass jedes Land selbst entscheidet, wie es seine selbstgewählten Reduktionsverpflichtungen umsetzt – und auch, wie es das langfristige Ziel einer Treibhausgas-Neutralität bis 2050 erreicht.
Ebenso konstatierte Trump, dass selbst bei Einhaltung aller Verpflichtungen die globale Erwärmung bis 2100 nur um 0,2 Grad vermindert werden würde und dass dies gerade einmal 14 Tagen der Emissionen Chinas entspricht. Richtig ist, dass bereits die bisher eingereichten nationalen Reduktionsziele die Erwärmung auf 2,7 Grad bis 2100 begrenzen würden – statt vier, fünf oder mehr Grad, wie es die Klimaszenarien für ungehemmte Emissionen prognostizieren. Hinzu kommt, dass das Abkommen ausdrücklich vorsieht, dass die nationalen Selbstverpflichtungen alle fünf Jahre erneuert werden sollen – und dies nur in Richtung ehrgeizigerer Ziele erlaubt ist.
Trump geißelte das Abkommen zudem mehrfach als bloßes Instrument zur Unterdrückung der US-Wirtschaftskraft und rechnete vor, welche enormen Einbußen das Land dadurch hätte. „Präsident Trump zitierte dabei eine Reihe von unseriösen Quellen, darunter eine grundliegend fehlerhafte Studie von NERA Economic Consulting“, kommentiert Bob Ward von Grantham Research Institute on Climate Change.
Was sind die Folgen für das Pariser Abkommen?
Bedeutet dies das „Aus“ für das Pariser Abkommen? Nach Ansicht der meisten Experten ist dies nicht der Fall. Es macht das weitere Vorgehen aber schwieriger: „Das Pariser Abkommen ist signifikant geschwächt, wenn es den zweitgrößten Emittenten und ökonomisch gewichtigsten Partner verliert“, kommentiert der Klimaforscher Niklas Höhne von der Universität Wageningen. „Der große Mehrwert des Pariser Abkommens war es, dass es von allen Staaten der Welt unterstützt wird.“
Empfindlich treffen wird der Austritt der USA auch die finanzielle Seite des Klimaschutz-Abkommens. Denn ein wichtiges Standbein davon ist ein Klimafond, in denen die großen Emittenten einzahlen und mit dem Klimaschutzmaßnahmen in den Entwicklungsländern unterstützt werden sollen. Die USA sagten für den Fonds drei Milliarden US-Dollar zu und gehörten damit zu den größten Einzahlern – auf dem Papier.
Klimaschutz: US-Verhalten schadet so oder so
Und welche Folgen wird der Ausstieg für den globalen Klimaschutz haben? Möglicherweise weniger als man glauben mag: „Solange Trump an der Macht ist, ist es eigentlich egal, ob die USA im Pariser Abkommen bleiben oder nicht“, erklärt der Ökonom Stephan Klasen von der Universität Göttingen. „Die Trump-Administration hat ja klar signalisiert, dass sie kein Interesse hat, Emissionen von klimaschädlichen Sektoren zu beschneiden.“
Schon die bisherigen Entscheidungen Trumps könnten dazu führen, dass die CO2-Emissionen der USA bis 2025 steigen statt zu sinken. Dies macht das Erreichen des globalen Klimaschutzziels von maximal zwei Grad Erwärmung für alle anderen Staaten schwieriger. Für die Treibhausgas-Emissionen hat daher das bereits begonnene Zurückdrehen der nationalen Klimaschutzmaßnahmen durch die Trump-Administration eine deutlich größere Wirkung als die Entscheidung zum Paris-Abkommen, meint Jakob Wachsmuth vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung.
Mehr Nutzen als Schaden?
Einige Experten sind sogar der Ansicht, dass Trump dem Klimaschutz mit seinem Ausstieg aus dem Pariser Abkommen eher hilft als schadet. „Eine abtrünnige USA kann innerhalb des Abkommens erheblich mehr Schaden anrichten als außerhalb“, sagt Luke Kemp von der Australian National University. „Denn eine Großmacht, die absichtlich ihre Ziele verfehlt, könnte auch andere Zögerer dazu ermutigen.“ Er befürchtet einen Domino-Effekt, der auch andere Staaten dazu bringt, ihre Selbstverpflichtungen zu ignorieren.
Hinzu kommt: Bis 2018 sollen die Details des Pariser Abkommens und zusätzliche Regelungen verhandelt und beschlossen werden. „Solange die Trump-Regierung dabei mit am Verhandlungstisch sitzt, kann sie diese und andere entscheidende Verhandlungen blockieren“, erklärt Kemp. Ähnlich sieht es auch Wachsmuth: „Ein Verweilen der USA im Abkommen hätte die Gefahr geborgen, dass auch das Pariser Abkommen zu einem zahnlosen Tiger wird.“
Es geht auch so weiter
„Der Austritt der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ist ein fundamentaler Rückschlag für die Klimadiplomatie, aber noch nicht für den globalen Klimaschutz“, fasst Höhne die Ansicht vieler Experten zusammen. Denn der Prozess der sei nicht mehr aufzuhalten – auch weil der Klimaschutz langfristig die ökonomisch rentablere Strategie sei.
„Die erneuerbaren Energien sind so günstig geworden, dass sie inzwischen Kohlestrom in China, Indien und auch in den USA verdrängen“, sagt Höhne. „Auch in den USA treiben wichtige Bundesstaaten wie Kalifornien und Unternehmen wie Google und Facebook deshalb diese Entwicklung voran.“
Trumps Entscheidung könnte daher seinem Land langfristig sogar schaden – politisch und wirtschaftlich. „China und Europa werden globale Führer auf dem Weg zu einer sauberen und sicheren Energiezukunft, und sie werden ihre Position verstärken, wenn die USA zurückrutschen ins Nationale“, meint Hans Joachim Schellnhuber, Direktor Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Die Klimakriege sind vorbei – das Wettrennen um nachhaltigen Wohlstand läuft.“
(_, 02.06.2017 – NPO)