Die durch ein Erdbeben ausgelöste Flutkatastrophe in Südostasien könnte sich auch im Pazifik wiederholen. Neueste Studien von Geologen haben in der Subduktionszone im pazifischen Nordwesten der USA eine Tendenz zur Ballung von starken Erdbeben entdeckt, die größere Tsunamis auslösen könnten. Gleichzeitig lässt die bisherige historische Entwicklung zwei Zukunftsprognosen zu – eine positiv, die andere nicht.
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Nach Ansicht von Wissenschaftlern der Oregon State Universität hat die Subduktionszone im Pazifik, die Region, wo die Juan de Fuca Platte unter die Nordamerikanische Krustenplatte gedrückt wird, entweder gerade einen Cluster von vier massiven Erdbeben in den letzten 1.600 Jahren hinter sich und könnte damit jetzt erst einmal in eine Phase der relativen Ruhe eingetreten sein. Alternativ jedoch könnte der jüngste Cluster von Erdbeben noch ein oder mehrere Beben nach sich ziehen, da einige der Ballungen in den letzten 10.000 Jahren auch bis zu fünf Beben umfassten.
Innerhalb eines solchen Clusters liegt der durchschnittliche zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Starkbeben bei rund 300 Jahren. Da sich das letzte größere Beben in der so genannten Cascadia-Zone im Jahr 1700 ereignete, wäre damit das nächste unmittelbar fällig.
“Die Cascadia Subduktionszone hat die längste registrierte Datengeschichte von Erdbeben aller größeren Verwerfungen weltweit”, erklärt Chris Goldfinger, Professor für marine Geologie an der Oregon State Universität. “Daher wissen wir einiges über die Periodizität dieser Verwerfungszone und was wir von ihr zu erwarten haben. Aber entscheidend ist, dass wir immer noch nicht wissen, ob der jetzige Erdbebencluster vorüber ist oder ob noch ein weiteres Ereignis aussteht.”
Parallelen zu Südostasien
Nach Ansicht von Goldfinger gibt es bemerkenswerte Parallelen zwischen dem, was gerade in Südostasien geschehen ist und dem, was sich im pazifischen Nordwesten noch ereignen könnte. Das Tsunami-auslösende Beben ereignete sich an der Plattengrenze, an der die Indische Platte unter die Burmesische Mikroplatte subduziert wird und zum ersten Mal seit 1833 gebrochen ist – entlang einer mehrere hundert Kilometer langen Zone, die in etwa die gleiche Länge aufweist wie die Cascadia Subduktionszone.
Was in Asien passierte, gibt, so Goldfinger, eine lebhafte Demonstration dessen ab, was sich auch als die geologische Zukunft des pazifischen Nordwestens herausstellen könnte. Hunderte Jahre lang bleiben die Platten der Subduktionszone ineinander verhakt und können nur wenig von ihrer Spannung abgeben. Die subduzierte Platte wird immer weiter hinabgedrückt, die oben liegende Platte wölbt sich auf. Dann, in nur wenigen Minuten entlädt sich die aufgestaute Energie von Jahrhunderten. Die obere Platte bewegt sich ruckhaft seewärts und ein Tsunami kann entstehen.
Krustenbewegungen könnten Tsunami auslösen
“Im Falle der Cascadia Subduktionszone könnte ein rund 65 Kilometer breiter und einige hundert Kilometer langer Bereich des Meeresbodens plötzlich nach oben schnellen und einen gewaltigen Tsunami auslösen”, erklärt der Wissenschaftler. “Zur gleichen Zeit würden sich einige Bereiche der Nordamerikanischen Platte um einen oder zwei Meter senken. Dieses sind massive tektonische Ereignisse. Subduktionszonen erzeugen die stärksten Erdbeben und Tsunamis in der Welt.”
Die Frage, so der Forscher, ist nicht, ob die Cascadia Zone erneut brechen wird, sondern vielmehr wann. Und eine Antwort erhoffen sich die Wissenschaftler nun von weiteren Untersuchungen der Erdbewegungen der Vergangenheit. Breits jetzt haben Studien gezeigt, dass sich 19 bis 21 größere Erdbeben in den letzten 10.000 Jahren ereignet haben. Während mindestens 17 dieser Ereignisse brach die gesamte Verwerfung auf einmal und löste ein Erdbeben der Stärke 9 und gewaltige Tsunamis aus.
“Wir werden die Geologie dieser Ereignisse weiterhin studieren und versuchen, so gut es geht, die Muster und Wahrscheinlichkeiten auch von zukünftigen Beben zu identifizieren”, so Goldfinger. “Ein paar Dinge sind bereits klar: Es gibt Cluster von Starkbeben in der Cascadia Region du es gibt große Lücken. Und wir zurzeit entweder am Ende eines Clusters oder aber noch mittendrin.”
(Oregon State University, 04.01.2005 – NPO)