Endlich aufgespürt: Forscher haben die Überreste einer der mächtigsten Frauen des alten Ägypten aufgespürt – der Lieblingsgemahlin von Pharao Ramses II. Es handelt sich um zwei mumifizierte Beinfragmente, die vor gut 100 Jahren in Ägypten entdeckt und seither im ägyptischen Museum von Turin aufbewahrt wurden. Die erste ausführliche Untersuchung dieser Relikte legt nahe, dass dies die lange gesuchten Überreste von Nefertari sind.
Sie war eine der mächtigsten Frauen des alten Ägypten und wurde für ihre Schönheit gerühmt: Nefertari, die zweite Frau des Pharao Ramses II. Von ihrer Bedeutung zeugt auch, dass sie auf Reliefs und Wandbildern oft in gleicher Größe wie der König dargestellt wurde – für das alte Ägypten ist dies eher ungewöhnlich. Nefertari starb vermutlich etwa um das Jahr 1255 vor Christus, wahrscheinlich mit 40 bis 50 Jahren, und wurde ehrenvoll im Tal der Königinnen bestattet.
Beine einer Mumie – aber welcher?
Bereits 1904 entdeckte der italienische Archäologe Ernesto Schiaparelli das mit prachtvollen Malereien und Portraits geschmückte Grab der Nefertari. Allerdings war es bereits in der Antike geplündert worden. Vom Sarkophag waren nur Trümmer erhalten, außerdem fanden die Forscher damals einige Gefäße, Figuren, ein Paar Ledersandalen und zwei mumifizierte Beinfragmente.
Stammten diese Beine von der Mumie der Nefertari? Diese Frage blieb zunächst unbeantwortet, denn wegen der Plünderung und der wenigen Funde ließ sich nicht ausschließen, dass die Überreste von einer später im Grab deponierten Toten stammten. Die mumifizierten Beinfragmente wurden zusammen mit den anderen Objekten ins Ägyptische Museum nach Turin gebracht und nicht mehr genauer untersucht – bis jetzt.
Groß und zur Elite gehörend
Frank Rühli von der Universität Zürich und seine Kollegen haben die beiden Mumienbeine nun erstmals einer ausführlichen Analyse unterzogen. Neben einer Radiokarbondatierung und röntgengestützten anatomischen Vermessungen untersuchten sie die Relikte auch auf DNA hin und führten chemische Analysen durch, um mehr über die Einbalsamierungsmethode zu erfahren.
Die Auswertungen ergaben: Die Beine gehörten einer Frau, die im Alter zwischen 40 und 60 Jahren gestorben sein muss. Den Vermessungen der Knochen nach war die Tote rund 1,65 bis 1,68 Meter groß. „Diese Frau war damit größer als 84 Prozent ihrer Zeitgenossinnen“, berichten Rühli und seine Kollegen. Die Knochen und Kniegelenke weisen zudem keine Spuren großer Belastung oder harter Arbeit auf – was gut zu einer Angehörigen der Elite passen würde.
Methode und Alter stimmen
Auch Alter und die Methode der Einbalsamierung passen ins Bild, wie die Forscher berichten: Die chemischen Analysen wiesen Substanzen nach, die typisch für die Einbalsamierungstechniken der 19. und 20. Dynastie waren – die Zeit, in der Nefertari lebte. So wurde noch kein Bitumen verwendet und die Mumie wurde auch nicht in Natron gebadet, wie es später üblich war.
Die Radiokarbondatierung ergab allerdings ein etwas höheres Alter der mumifizierten Beine, als es für Nefertari zu erwarten wäre. „Problematisch wäre jedoch eher zu junges Alter gewesen“, erklären Rühl und seine Kollegen. Denn das hätte nicht ausgeschlossen, dass die Beine einer später im gleichen Grab bestatteten Toten gehörten. Zudem lag Nefertaris Todesdatum noch innerhalb der Spannbreite der Datierungs-Ergebnisse.
Überreste der Königin Nefertari
Nach Ansicht der Forscher ergibt dies ein relativ klares Bild: „Nimmt man alle Ergebnisse zusammen, dann ist es am wahrscheinlichsten, dass die mumifizierten Knie tatsächlich der Königin Nefertari gehörten“, konstatieren Rühli und seine Kollegen. Wahrscheinlich stahlen die antiken Grabräuber zwar die meisten Grabbeigaben und rissen die Mumie der Pharaonin auseinander, die beiden Beinfragmente aber blieben jahrhundertelang unbehelligt im Grab liegen.
Eine noch eindeutigere Zuordnung hätte ein DNA-Vergleich erbringen könne. Doch das aus den Knochen gewonnene Erbgut erwies sich als zu stark kontaminiert, wie die Forscher berichten. Sie sind dennoch zuversichtlich, das Rätsel um die Mumienbeine aus Nefertaris Grab endlich gelöst zu haben. (PloS ONE, 2016; doi: 10.1371/journal.pone.0166571)
(University of York/ PLoS ONE, 07.12.2016 – NPO)