Auf die Rate kommt es an: Die Nordatlantische Umwälzströmung reagiert nicht nur sensibel auf Eisschwund und Schmelzwassereinstrom – auch das Tempo dieser Veränderungen spielt eine Rolle, wie nun ein Modell enthüllt. Demnach könnte der Strömungsmotor schon vor Erreichen seines eigentlichen Schwellenwerts kollabieren, wenn sich die Einflussfaktoren zu schnell ändern. Gleiches könnte auch für andere Kippelemente im Klimasystem gelten, warnen die Forscher.
Unser Klimasystem ist dank vieler Puffer noch relativ stabil, es hat aber eine bedeutende Schwachstelle: die Kippelemente. Sie können ab einer bestimmten Schwelle abrupt aus dem Gleichgewicht geraten und in einen neuen Zustand „einrasten“. Zu solchen Kippelementen gehören das arktische Meereis und der Amazonas-Regenwald, aber auch die Nordatlantische Umwälzströmung (AMOC). Sie ist der Motor der globalen Meeresströmungen und treibt die Wärmeverteilung zwischen Polen und Äquator an.
Doch es gibt bereits Anzeichen dafür, dass die Umwälzströmung sensibel auf den Klimawandel reagiert: Durch den vermehrten Einstrom von Schmelzwasser und den Rückgang des Meereises hat sich die AMOC schon um rund 15 Prozent abgeschwächt. Klimaforscher befürchten daher, dass sich dieser Motor der Meeresströmungen mit zunehmender Erwärmung einem Kipppunkt nähern könnte. Wann dieser Schwellenwert jedoch erreicht sein wird, ist noch unklar.
Kippt die Strömung schon früher?
Jetzt liefert eine Modellsimulation Hinweise darauf, dass Kippelemente wie die Nordatlantik-Strömung schon vor dem kritischen Schwellenwert aus dem Gleichgewicht geraten und „umkippen“ können. Schuld daran ist ein Prozess, der als rateninduziertes Kippen bezeichnet wird. Dabei wird das Kippen nicht nur durch das Erreichen eines absoluten Schwellenwerts bestimmt, sondern auch davon, wie schnell sich der Parameter diesem Schwellenwert nähert.