Ein neues Ökosystem, das möglicherweise zu den ältesten überhaupt gehört, haben jetzt Bremer Wissenschaftler im Fachjournal Geobiology beschrieben. Sie fanden mineralische Ablagerungen in ehemaligen Hohlräumen von vulkanischem Gestein, die sich am besten dadurch erklären lassen, dass Mikroben dort gelebt haben. Die Proben stammen aus Gesteinen, die am Meeresboden als Lava ausgetreten sind, jetzt aber im Rheinischen Schiefergebirge zutage treten.
„Mikroben sind hart im Nehmen, sie leben selbst dort, wo man es wirklich nicht vermuten würde“, so der Geologe Professor Jörn Peckmann vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen. „Ein solcher Ort ist mitten im Gestein.“ Doch wie kommen die Mikroben dorthin? Wenn aus einem untermeerischen Vulkan Lava austritt, so kühlt das Meerwasser die Lava schnell ab. Es entstehen so genannte Kissenbasalte, die eine typische Form haben, wie ihr Name andeutet.
Hauchdünne Scheiben von Gesteinen
„Wir haben Kissenbasalte untersucht, die viel Gas enthielten und so ehemals viele Hohlräume hatten. Diese sind im Laufe der Jahrmillionen ausgefüllt worden. Und in diesen Füllungen stecken auch unsere Mikroben, bzw. ihre Fossilien“, so der Geologe. Zunächst hat sich am Rand der Hohlräume ein Mineral gebildet. Auf diesem wuchsen, so die Vermutungen der Wissenschaftler die Mikroben. „Da die Gesteine unter Wasser lagen, zirkulierte durch Risse und Poren Meerwasser in den Hohlräumen. Dies transportierte nicht nur die Bestandteile der Mineralneubildungen, sondern auch die Mikroorganismen. Diese wuchsen dann innerhalb der Hohlräume.“
Später, und dies zeigen die mikroskopisch dünnen Scheiben der Gesteine, die Peckmann und sein Team bearbeitet haben, wurden die Hohlräume dann von weiteren Mineralien ausgefüllt. Dabei bildeten sich um die dünnen Mikrobenstränge typische Ablagerungen, wie man es auch heute unter ähnlichen Bedingungen an lebenden Mikroben beobachten kann. Ein starkes Argument dafür, dass die Strukturen unter dem Mikroskop wirklich einmal gelebt haben. Denn wer behauptet mitten im Gestein Lebensspuren zu finden, muss dies auch gut begründen können.
Schließlich, so sagt Peckmann: „Haben wir heute nicht mehr die Original-Zellen der Mikroben im Gestein, sondern genau wie zum Beispiel bei einem versteinertem Seeigel, nur noch die in Mineralien nachgebildeten Strukturen.“
Viele Indizien für einen biologischen Ursprung
Doch es gibt weitere gute Argumente für den biologischen Ursprung. Die strangartigen Filamente weisen einen sehr gleichmäßigen Durchmesser auf, der mit drei bis acht Tausendstel Millimetern genau in der richtigen Größenordnung für Mikroben liegt. Die Filamente verzweigen sich so, wie es Mikroben typischerweise tun. Sie weisen Verdickungen am Ende und in der Mitte auf, die typisch sind für manche Mikroben. Außerdem kommen sie nur in den Hohlräumen vor, aber nicht an Kristallgrenzen oder an Bruchzonen, wo nicht organische Veränderungen häufig zu beobachten sind.
„Das erstaunlichste ist, dass wir diese Art Einschlüsse nicht nur im Rheinischen Schiefergebirge gefunden haben, sondern inzwischen auch in gleich alten Kissenlaven in Thüringen und Bayern. Sie scheinen also weit verbreitet gewesen zu sein“ so der Bremer Geologe. „Dadurch dass die Einschlüsse im Gestein liegen, sind sie natürlich sehr gut erhalten. Außerdem stellen sie vermutlich ein sehr altes Ökosystem dar – vielleicht das älteste, dass wir finden können, eben weil die Fossilien so gut verpackt sind.“
Mikroben als Eisenfresser
Was die Mikroben im Stein gemacht haben und wovon sie gelebt haben, ist zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt. Eventuell haben sie sich von Eisen ernährt. „Wir wollen jetzt wissen, ob diese Art des Lebens früher häufiger war und ob es sie noch immer gibt. Sollte sich nämlich herausstellen, dass sie sehr häufig war, so könnten diese Mikroben durchaus einen Einfluss darauf haben, wie sich die Zusammensetzung des Meerwassers im Laufe der Erdgeschichte verändert hat.“
(idw – MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen, Kirsten Achenbach, 13.02.2008 – DLO)