Klima

Unser blauer Planet wird grüner

Steigender Kohlendioxid-Gehalt der Luft fördert das Pflanzenwachstum

Zunahme der Blattfläche von 1982 bis 2009 (dunkelbrün = 50%) © Boston University/ R. Myneni

Unsere Treibhausgas-Emissionen haben unseren Planeten sichtbar verändert: Er wird immer grüner. Denn durch den Düngeeffekt des Kohlendioxids ist die Vegetation der Erde messbar üppiger geworden. Die Zunahme an Biomasse entspricht einem grünen Kontinent, doppelt so groß wie die USA, wie Forscher im Fachmagazin „Nature Climate Change“ berichten. Doch Grund zur Erleichterung sei dies dennoch nicht, betonen sie.

Der CO2-Gehalt der Atmosphäre steigt weiter, 2015 erreichten die Werte erstmals global die Rekordmarke von 400 parts per million (ppm). Aus Gewächshausversuchen ist bekannt, dass leicht erhöhte CO2-Werte das Pflanzenwachstum fördern können, wenngleich dabei der Nährstoffgehalt leidet. Zu viel CO2 jedoch kehrt diesen „Düngeeffekt“ um.

Wie sich der CO2-Anstieg der letzten Jahrzehnte auf die weltweite Pflanzenwelt ausgewirkt hat, haben nun Zaichun Zhu von der chinesischen Akademie der Wissenschaften und seine Kollegen untersucht. Für ihre Studie werteten sie Vegetationsdaten aus, die drei Satelliten in der Zeit von 1982 bis 2009 aufgezeichnet hatten. Bei ihren Messungen erfassen die Satelliten durch die Reflektion von Infrarotlicht, wie groß die Blattfläche und Dichte der Vegetation in einem Gebiet jeweils ist.

So viel wie ein ganzer grüner Kontinent

Und tatsächlich: Seit 1982 ist die Pflanzenwelt auf einem Großteil der irdischen Landflächen üppiger und damit grüner geworden. Die Blattfläche der Bäume, Sträucher und sonstigen Pflanzen hat sich messbar vergrößert. „Die größten Ergrünungstrends zeigen sich dabei im Südosten Nordamerikas, im nördlichen Amazonasgebiet, in Europa, Zentralafrika und in Südostasien“, berichten Zhu und seine Kollegen.

Diese Karte zeigt die Zunahme des Blattgrüns der Vegetation, gemessen über die Reflexion infraroter Strahlung (NDVI) © Boston University

Insgesamt hat die pflanzliche Biomasse in einem Viertel bis der Hälfte der mit Pflanzen bewachsenen Landgebiete zugenommen. „Dieses von uns beobachtete Ergrünen ist in seinem Ausmaß vergleichbar mit einem zusätzlichen grünen Kontinent von der doppelten Fläche der USA“, sagt Zhu. „Diese Entwicklung hat das Potenzial, die Kreisläufe von Wasser und Kohlenstoff im Klimasystem fundamental zu verändern.“

Hauptursache ist das CO2

Aber worauf ist dieses Ergrünen zurückzuführen? Um das herauszufinden, fütterten die Wissenschaftler zehn globale Ökosystem-Modelle mit Daten zum Treibhausgas-Ausstoß, zur Landnutzung und zur Entwicklung von Klimafaktoren wie der Temperatur und Niederschlägen.

Das Ergebnis: 70 Prozent des Ergrünens der Erde ist auf den Düngeeffekt der steigenden CO2-Werte zurückzuführen, wie die Forscher berichten. Dieser Effekt wirkt sich nahezu flächendeckend in allen Regionen der Erde aus. Insgesamt nimmt die Vegetation dabei rund ein Viertel des von uns jährlich ausgestoßenen CO2 auf.

Regional wirken aber auch andere Aspekte des Klimawandels auf die Pflanzenwelt. So hat in den hohen Breiten und den Hochlagen der Gebirge der Anstieg der Temperaturen die Vegetation üppiger werden lassen. „Die Erwärmung fördert die Fotosynthese und verlängert die Wachstumssaison“, erklären die Forscher. In der Sahelzone und in Südafrika machen sich dagegen zunehmende Niederschläge bemerkbar.

Kein Grund zur Erleichterung

Grund zur Erleichterung oder gar Entwarnung sind diese Ergebnisse jedoch nicht, wie die Wissenschaftler betonen. Zum einen, weil der Düngeeffekt des CO2 nicht dauerhaft anhält. „Studien haben gezeigt, dass sich die Pflanzen an die höheren CO2-Konzentrationen anpassen und daher ihr Wachstum mit der Zeit wieder nachlässt“, erklärt Koautor Philippe Ciais vom französischen Forschungslabor für Klima- und Umweltforschung in Gif sur Yvette. Der positive Effekt kehrt sich bei weiter steigenden CO2-Werten sogar ins Gegenteil um – zuviel CO2 schadet den Pflanzen.

Zum anderen beeinflusst der Klimawandel nicht nur die Vegetation, sondern hat auch zahlreiche für uns Menschen negative Folgen. „Zu den vielen negativen Folgen gehören der Meeresspiegelanstieg, die schmelzenden Gletscher und Eiskappen, mehr tropischen Stürme und vieles andere mehr“, betont Ciais. Die Angewohnheit einiger Klimaskeptiker, den Düngeeffekt des CO2 als Argument gegen Klimaschutzmaßnahmen anzuführen, greife daher zu kurz. (Nature Climate Change, 2016; doi: 10.1038/nclimate3004)

(Nature/ Boston University, 26.04.2016 – NPO)

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