Untersee-Vulkane sind unberechenbarer als gedacht – und sehr viel dynamischer: Sind sie einmal erwacht, wachsen sie in erstaunlich schnellem Tempo. Das hat ein internationales Forscherteam bei der Vermessung des Monowai-Vulkans im Pazifik entdeckt. Der zwischen Neuseeland und den Tonga-Inseln liegende Feuerberg wuchs innerhalb von nur zwei Wochen fast 72 Meter in die Höhe. Gleichzeitig bildete er gleich vier neue Schlote. Diese Wachstumsrate übertreffe alle bisher von Untersee-Vulkanen bekannten. Selbst die aktiven Meeresvulkane Hawaiis oder Islands blieben dahinter zurück, berichten die Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“.
„Unsere Ergebnisse sind eine warnende Erinnerung daran, wie schnell sich geologische Prozesse wie unterseeische Erdrutsche und Vulkanausbrüche ereignen können“, schreiben Anthony Watts von der University of Oxford und seine Kollegen. Obwohl einzelne Unterseevulkane häufig für lange Zeitabschnitte ruhen, habe sich nun gezeigt, dass sie den Meeresboden sogar während einer einzigen Forschungsexpedition deutlich verändern können. Insgesamt sei das Ausmaß der Veränderungen 10 bis 50 Mal höher als alle bisherigen an diesem Vulkan beobachteten. Im Vergleich zu anderen, bisher vermessenen Meeresvulkanen liege die Wachstumsrate sogar um rund 100 Mal höher. „Das demonstriert die pulsierende Natur des unterseeischen Vulkanismus“, konstatieren die Forscher.
Obwohl es tausende von Vulkanen am Grund der Weltmeere gibt, sind die wenigsten von ihnen bisher genauer erforscht. Unzugänglich unter hunderten von Metern Wasser verborgen, sind sie nur schwer zu vermessen und zu beobachten. Deshalb ist noch immer weitgehend unbekannt, wie viele von diesen Feuerbergen überhaupt aktiv sind und wie sie sich im Laufe der Zeit verändern.
Echolotvermessung per Forschungsschiff
Die Wissenschaftler, darunter auch Ingo Grevemeyer vom GEOMAR Helmholtzzentrum für Ozeanforschung in Kiel, hatten im Mai und Juni 2011 den vulkanischen Tonga-Kermadec-Rücken in der Südsee besucht. An Bord des deutschen Forschungsschiffs Sonne vermaßen sie den Meeresboden und besonders die Unterwasservulkane in diesem Teil des pazifischen Feuerrings. Bei ihrer Echolot-Kartierung tasteten die Forscher innerhalb von nur zwei Wochen gleich zweimal die Hänge des Vulkans Monowai ab – und stellten dabei extreme Unterschiede in den Messwerten fest. An einer Flanke des Feuerbergs hatte sich eine 18 Meter tiefe Senke gebildet, an einer anderen war der Vulkan um 71,9 Meter in die Höhe gewachsen.
100 Meter breiter Schlot entstand in nur 14 Tagen
„Die erstaunlichste Formation ist aber ein neuer Schlot, 200 Meter südöstlich des Gipfels“, berichten Watts und seine Kollegen. Der an seiner Basis 100 Meter breite Schlot war zwischen den beiden Besuchen neu entstanden und hatte sich um 40 Meter emporgewölbt. Bemerkenswert seien dabei die steilen Hänge dieser Neubildung: „Die Präsenz eines so steilwandigen Schlots in einem vulkanischen Inselbogen ist überraschend“, sagen die Forscher. Das deute auf starke Gasaustritte in der Zwischenzeit hin.
Die Wissenschaftler vermuten, dass eine Reihe kleinerer Ausbrüche die Veränderungen des Monowaii-Vulkans verursacht haben. Zwischen beiden Kartierungen hatten Messstationen auf der nahegelegenen Insel Rarotonga mehrere Tage lang bis zu 150 leichte Beben täglich registriert. Außerdem fanden sich Hinweise auf frische Lavaströme. (doi:10.1038/ngeo1473)
(Nature, 14.05.2012 – NPO)