Die Mineralstruktur der Übergangsschicht des unteren Erdmantels zum Erdkern könnte schwächer sein als der darüber liegende Mantelbereich. Das ergeben neue Berechnungen von Diffusionsraten bestimmter Mineralien durch das Post-Perowskit dieser so genannten D‘‘-Schicht. Diese jetzt in „Nature” veröffentlichte Erkenntnis könnte die ungewöhnlichen seismischen Eigenschaften dieser Zone erklären.
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Die tiefste Schicht des unteren Erdmantels, die so genannte D’’-Schicht, bildet den Übergang zum äußeren Erdkern. Diese 200 bis 300 Kilometer dicke Übergangszone reagiert gegenüber seismischen Wellen deutlich anders als der Rest des unteren Mantels – warum, ist bisher noch unklar. Auch die physikalischen und mineralogischen Eigenschaften und Prozesse in diesem tiefen Mantelbereich sind kaum erforscht. Im Jahr 2004 wurde in der D‘‘-Schicht eine Phasentransformation des Minerals Perowskit in eine dichtere, geschichtete Struktur, den Post-Perowskit entdeckt. Sie gilt seither als eine Erklärungsmöglichkeit für die starke Reflexion von seismischen Wellen durch die D‘‘-Schicht.
Allerdings haben jüngste Messungen der Dicke dieser Phasentransformation Werte ergeben, die diese Erklärung nun wieder zu torpedieren droht. Eine mögliche Lösung für dieses Dilemma bietet eine neue Untersuchung von Forschern des University College London um Michael Ammann. Sie kalkulierten die Diffusionsraten der Minerale Magnesium und Silizium in Post-Perowskit unter den Bedingungen des unteren Erdmantels.
Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass die Diffusionsgeschwindigkeit dieser Minerale im Post-Perowskit stark von ihrer Bewegungsrichtung abhängt. Sie sind schneller, wenn sie sich entlang der Schichtstruktur des Post-Perowskits bewegen, als senkrecht dazu. Nach Ansicht der Forscher deutet dies darauf hin, dass diese Mineralstruktur schwächer ist als der Perowskit. Zusammen mit der Neigung der Post-Perowskit-Körnchen, sich bevorzugt in einer Richtung anzuordnen, könnte dies die seismische Anisotopie der D‘‘-Schicht und auch die scharfe, als Wellen-Reflektor wirkende Grenze erklären, so Amman und Co. in ihrer Veröffentlichung.
(Nature, 27.05.2010 – NPO)