Gegen ihn war der Dinokiller ein Winzling: Vor gut drei Milliarden Jahren traf ein mehr als 50 Kilometer großer Asteroid die Erde – mit katastrophalen Folgen. Das zeigt die erste Rekonstruktion eines so gewaltigen Impakts aus dieser Ära. Der Bolide löste Erdbeben und Tsunamis aus, die stärker waren als alles heute jemals registrierte. Die Ozeane kochten und Gestein wurde flüssig. Der Impakt könnte sogar für den Beginn der modernen Plattentektonik verantwortlich sein, mutmaßen die Forscher.
Die Erde war in ihren ersten rund eineinhalb Milliarden Jahren ein ziemlich gefährlicher Ort: Immer wieder schlugen gewaltige Asteroiden ein, Überreste der Planetenbildung im Sonnensystem. Bisher allerdings fehlten ausreichend Indizien, um Verlauf und Ausmaß eines solchen Urzeit-Impakts rekonstruieren zu können. Neue Hinweise haben nun geologische Formationen im Barberton- Grünsteingürtel Südafrikas geliefert. In diesem Streifen östlich von Johannesburg hat sich Gestein aus der frühen Urzeit erhalten.
Verräterische Formationen im Grünsteingürtel
Norman Sleep und Donald Lowe von der Stanford University untersuchten eine auffallende Formation in diesem Gestein näher und fanden eindeutige Indizien für einen gewaltigen Einschlag vor 3,26 Milliarden Jahren. „Wir wussten, er muss groß gewesen sein, aber nicht, wie groß“, erklärt Lowe. Der Ort des Einschlags ist auch noch immer unbekannt. Die Forscher vermuten, dass er tausende Kilometer vom Grünsteingürtel entfernt lag. Erhalten haben sich im Urzeitgestein nur die Fernwirkungen – entsprechend gewaltig muss das Ereignis gewesen sein.
Weitere Analysen und geophysikalische Modellsimulationen ermöglichten es nun erstmals, die Größe des Asteroiden und die Folgen des Einschlags zu rekonstruieren. Demnach war der Asteroid zwischen 37 und 58 Kilometer groß und traf mit einer Geschwindigkeit von 20 Kilometer pro Sekunde auf die Erdoberfläche. „Dieser Asteroid war größer als jeder andere in den letzten eine Milliarde Jahren“, kommentiert Einschlags-Forscher Jay Mellosh von der Purdue University.
Beben, Tsunamis und verflüssigtes Gestein
Der enorme Einschlag setzte ungeheure Energie frei und verursachte Erdbeben stärker als Magnitude 10,8, wie die Forscher berichten. Die seismischen Wellen rasten durch den Planeten und erschütterten ihn mehr als eine halbe Stunde lang – weitaus länger als selbst die stärksten heutigen Beben. Mehr als tausend Meter hohe Tsunamis rasten durch die Urozeane und wühlten sie bis an den Meeresgrund auf.
Die Hitze des Einschlags verdampfte das Gestein rund um den Ort des Impakts, das verdampfte Gestein wurde in die Atmosphäre geschleudert und fiel weltweit als Regen aus glutflüssgen Tröpfchen und Gesteinsglas wieder aus. „Sedimente verflüssigten sich und strömten wie Wasser“, beschreiben die Forscher das Szenario. Gleichzeitig heizten sich Luft und Wasser stark auf, die Meeresoberfläche kochte.
Sollten damals bereits erste lebende Zellen entstanden sein, dann hätte diese Katastrophe für viele von ihnen vermutlich fatale Folgen gehabt. Andererseits aber könnten diese und andere frühe Einschläge auch die Umweltbedingungen so verändert haben, dass dies die Evolution des Lebens sogar begünstigte, mutmaßen die Forscher. „Wir versuchen, die Kräfte zu verstehen, die die Frühzeit unseres Planeten und die Umwelten, in denen das Leben sich entwickelte, formten“, erklärt Lowe.
Anschub für die Plattentektonik?
Möglicherweise spielte dieser Einschlag sogar eine entscheidende Rolle für die Plattentektonik – der Drift der Kontinente, die bis heute unseren Planeten prägt. Denn etwa um diese Zeit wandelte sich die primitive Vorform dieser Drift in die bis heute ablaufende Bewegung von einzelnen, durch „Nähte“ getrennte Erdplatten. Die im Barberton-Grünsteingürtel entdeckten Formationen und Krustenbrüche deuten darauf hin, dass der Einschlag damals zahlreiche Verwerfungen und Krustenbrüche verursachte.
„Das stützt die Hypothese, dass der damalige Impakt für den großen Wandel in der Tektonik verantwortlich gewesen sein könnte“, kommentiert Frank Kyte von der University of California in Los Angeles die Ergebnisse seiner Kollegen. Zumindest im Grünsteingürtel könnten damals erste Suduktionszonen entstanden sein. Vom Asteroiden selbst blieb vermutlich nichts zurück als ein rund 500 Kilometer großer Krater – und selbst er ist heute längst verschwunden: Jahrmilliarden der Erosion haben ihn längst eingeebnet. Ob man jemals herausfinden wird, wo genau der Bolide damals einschlug, ist daher offen. (Geochemistry, Geophysics, Geosystems, 2014; doi: 10.1002/2014GC005229)
(American Geophysical Union, 10.04.2014 – NPO)