Geowissen

USA: Land unter auch ohne „Superstürme“

Allmähliches Absinken der US-Ostküste macht Überschwemmungen häufiger

Blauer Himmel, ruhiges Wetter – und dennoch überschwemmte Straßen: Diese Kombination ist für die immer häufiger auftretenden "Nuisance floodings" typisch. © NOAA Ocean Service

Schleichende Gefahr: An der Ostküste der USA wird es in Zukunft häufiger Überschwemmungen geben – und dies ganz ohne Sturm oder Starkregen. Denn eine schleichende Absenkung der Küstengebiete und der Anstieg des Meeresspiegels führen dazu, dass auch normale Fluten immer häufiger Überschwemmungen verursachen, wie Forscher ermittelt haben. Die Ursachen dafür sind größtenteils menschengemacht.

Der Klimawandel und seine Folgen machen auch vor den USA nicht halt – selbst wenn US-Präsident Donald Trump es nicht wahrhaben will. Symptome dafür sind zunehmende Dürren, Waldbrände und Tropenstürme wie Harvey oder Irma. Aber auch das schleichende Versinken von US-Inseln im Meer und die erhöhte Anfälligkeit gegenüber Sturmfluten durch den steigenden Meeresspiegel zeugen davon.

Schleichendes Versinken

Eine weitere Bedrohung für die US-Ostküste haben nun Makan Karegar von der University of South Florida in Tampa und seine Kollegen ausgemacht. Sie hatten mit Hilfe von Satelliten- und GPS-Daten untersucht, ob und wie stark sich der Boden in diesen Küstenbereichen absenkt. Dabei zeigte sich: Vor allem entlang der Küsten von Virginia, North Carolina und South Carolina sinkt der Untergrund pro Jahr um bis zu drei Millimeter ab.

Viele Städte an der US-Ostküste liegen dadurch schon heute mehr als 45 Zentimeter tiefer als noch bei ihrer Gründung vor rund 300 Jahren, wie die Forscher berichten. Gleichzeitig jedoch ist durch die Klimaerwärmung der Meeresspiegel angestiegen: Die Pegel liegen heute rund 15 Zentimeter höher als früher, wie Messungen belegen. Beide Effekte zusammen führen dazu, dass weite Teile der Küstenregion langsam, aber stetig im Meer versinken.

Warum der veränderte relative Meeresspiegel die Nuisance Floodings häufiger macht © NOAA Ocean Service

Mehr Überschwemmungen ohne Sturm

Die Folge: In vielen Küstengebieten drohen immer häufigere Überschwemmungen, sogenannte „Nuisance Floodings“. Diese treten ohne Stürme oder andere Wetterextreme auf. Im Gegenteil: Meist ereignen sich diese Überschwemmungen sogar an sonnigen und relativ windstillen Tagen. Eine etwas höhere Flut als gewöhnlich reicht schon aus, um Schäden an Häusern und Straßen anzurichten und den Verkehr zu stören.

Und diese „lästige Überflutungen“ dürften in Zukunft noch deutlich häufiger auftreten, wie die Forscher betonen. Denn sowohl der Anstieg des Meeresspiegels als auch die Bodenabsenkung nehmen künftig zu – keine guten Aussichten für die Küstenbewohner. „Gerade in diesen Gebieten liegen die Siedlungen oft nur knapp über dem Meeresspiegel, weil das Land hier sehr flach ist“, erklären Karegar und seine Kollegen. „Dadurch haben schon geringe Änderungen des relativen Meeresspiegels einen signifikanten Einfluss auf die Hochwasser-Häufigkeit.“

Vor allem zwischen 32 und 38 Grad nördlicher Breite ist die Absenkung der US-Ostküste größer als nur durch geologische Prozesse (grün) erklärbar. Auch die Nuisance Floodings (rot) haben hier deutlich zugenommen. © Karegar et al./ Scientific Reports, CC-by-sa 4.0

Ursachen: Eiszeit und Grundwasser-Übernutzung

Aber warum sinkt der Untergrund in diesen Küstengebieten so stark und stetig ab? „Für dieses Phänomen gibt es im Wesentlichen zwei Gründe“, erklärt Karegar. Der erste ist geologischer Natur: Während der letzten Eiszeit drückte die enorme Last der Gletscher über dem Norden Nordamerikas das zähe Magma im Erdmantel teilweise zur Seite. Dadurch hob sich die US-Ostküste an. Seitdem das Eis weitgehend geschmolzen ist, schwappt das Magma gleichsam in Zeitlupe wieder zurück und das Land sinkt wieder ab.

Doch dieser geologische Prozess kann maximal ein Drittel der Bodenabsenkung von Virginia bis South Carolina erklären stellten. Der Rest jedoch ist menschengemacht, wie die Forscher erklären. Vor allem die übermäßige Entnahme von Grundwasser führt dazu, dass sich der Untergrund allmählich immer weiter absenkt. „In vielen Gebieten übersteigen die Förderraten schon seit Jahren die natürliche Regeneration der Grundwasser-Reservoire“, so die Wissenschaftler.

Ein „hausgemachtes“ Problem

Ein Großteil der Nuisance Floodings an der US-Ostküste, aber auch in anderen tiefliegenden Küstengebieten ist demnach wahrscheinlich „hausgemacht“ – einerseits durch den Klimawandel und anderseits durch die Übernutzung der Grundwasser-Reservoire. Und ein Ende dieses fatalen Trends ist nicht absehbar.

„Selbst wenn die Grundwasser-Entnahmen reduziert werden, wird die Zahl der Überschwemmungen weiter steigen“, prognostiziert Karegar. „Man sollte daher eigentlich annehmen, es wäre im ureigensten Interesse der USA, den Klimawandel mit allen Mitteln zu bekämpfen.“ (Scientific Reports, 2017; doi: 10.1038/s41598-017-11544-y)

(Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 12.09.2017 – NPO)

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