Überraschende Entdeckung: Der zweitgrößte Supervulkan der USA ist offenbar doch nicht ganz erloschen. Denn tief unter der Long-Valley-Caldera in Kalifornien strömt noch glutflüssiges Magma in das Reservoir, wie seismische Messungen nahelegen. Mit einem Volumen von bis zu 1.400 Kubikkilometern könnte diese Schmelze sogar ausreichen, um einen neuen Supervulkan-Ausbruch zu speisen, so die Forscher im Fachmagazin „Geology“. In naher Zukunft halten sie dies aber für unwahrscheinlich
Sie ist nach dem Yellowstone-Vulkan der zweite große Supervulkan der USA: die Long-Valley-Caldera in Kalifornien. Als dieser Vulkan vor rund 760.00 Jahren ausbrach, schleuderte er innerhalb von sechs Tagen mehr als 1.400 Kubikkilometer Lava, Asche und Gesteinsbrocken über weite Teile der Region. Diese Eruption hinterließ eine der größten Calderen der Erde, eine Senke von 30 Kilometern Länge und stellenweise mehr als 900 Metern Tiefe.
Rätselhafte Hebung
Seither jedoch galt der Long-Valley-Supervulkan als ruhend, wenn nicht sogar erloschen. Denn in den letzten 500.000 Jahren gab es hier keine Eruption mehr. „Das hat zu der Annahme geführt, dass das Magma-Reservoir der Caldera heute fast vollständig erstarrt und auskristallisiert ist“, erklären Ashton Flinders vom US Geological Survey und seine Kollegen.
Rätselhaft nur: Seit Ende der 1970er Jahre hebt sich Grund der Caldera langsam, aber stetig. Typischerweise ist dies bei Vulkan ein Indiz dafür, dass frisches Magma aus dem Erdmantel in das Magmareservoir einströmt. Bei einem erloschenen Vulkan dürfte dies aber nicht vorkommen. „Beruht diese Hebung im Long Valley nur auf dem Ausstoß von Flüssigkeit beim Kristallisieren der letzten Magmenreste? Oder könnte die Hebung doch mit dem Einstrom neuen Magmas verknüpft sein?“, fragen die Forscher.
Zone gebremster Wellen
Um dies zu klären, haben Flinders und seine Kollegen nun den Caldera-Untergrund mithilfe der seismischen Tomografie durchleuchtet. Dafür werteten sie die Daten der 127 in der Caldera und ihrer Umgebung stationierten seismischen Messstationen aus und speisten diese in ein geophysikalisches Modell ein. Das erlaubte es ihnen, die Beschaffenheit des Gesteins in der bisher kaum erkundeten mittleren Tiefe von mehr als acht Kilometern unter dem Supervulkan zu rekonstruieren.
Das Ergebnis: Fünf bis 20 Kilometer unter dem Vulkan liegt eine rund 30 Kilometer große Zone, in der die seismischen Scherwellen auffällig stark ausgebremst werden. „Im Schnitt sind die Wellen hier mit 2.780 Metern pro Sekunde rund 20 Prozent langsamer als man es für Granit in mittlerer Krustentiefe erwarten würde“, berichten die Forscher. Gleichzeitig sei dieser Bremseffekt zu groß, um von einem komplett auskristallisierten Magmareservoir zu stammen.
Tausend Kubikkilometer glühendes Magma
Das aber bedeutet: Zumindest ein Teil des Magmas unter der Long-Valley-Caldera ist heiß und schmelzflüssig. Auf Basis ihrer Daten schätzen die Forscher, dass knapp ein Viertel des Magmareservoirs geschmolzen sein könnte. Das entspricht zwischen 900 und 1.400 Kubikkilometern an rhyolitischer Schmelze. Damit könnte das Reservoir des Long-Valley- Supervulkans genauso viel heißes Magma enthalten wie das obere Reservoir des Yellowstone-Vulkans, wie Flinders und seine Kollegen erklären.
Wo aber kommt dieses Magma her? „Unsere Daten sprechen dafür, dass es seit den letzten Eruptionen vor 500.000 Jahren signifikante Magma-Einströme gegeben hat“, sagen die Wissenschaftler. Denn ohne eine ständig erneuerte Hitzezufuhr hätte das Magma schon vor mehr als 200.000 Jahren fast vollständig kristallisieren müssen.
Genug für eine Eruption
Demnach ist der Long-Valley-Supervulkan keineswegs erloschen, sondern potenziell aktiv. „Wir schätzen, dass das Magmareservoir aktuell genügend Schmelze enthält, um eine weitere Super-Eruption wie vor 760.000 Jahren zu speisen“, sagen Flinders und seine Kollegen. Ob die Präsenz und der Einstrom dieses dieses glutflüssigen Gesteins auch hinter den jüngsten Hebungen der Caldera steckt, ist allerdings noch unklar.
Die Forscher betonen jedoch, dass keine unmittelbare Gefahr besteht: „Dieses Volumen und der relativ hohe schmelzflüssige Anteil besagen noch nicht, dass dieses Magma auch eruptierbar ist“, betonen sie. „Ebenso wichtig ist es, wie das Magma innerhalb des Reservoirs verteilt ist – etwas, das wir mit unserer Tomografie mangels Auflösung nicht ermitteln können.“ Sie halten es dennoch für eher unwahrscheinlich, dass der Long-Valley-Supervulkan zu unseren Lebzeiten ausbrechen wird. (Geology, 2018; doi: 10.1130/G45094.1)
(Geology/ Geological Society of America, 20.08.2018 – NPO)