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„Die Gletscherschmelze ist einer der großen Vorboten des Klimawandels, gewissermaßen die Schrift an der Wand“, sagte Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für
Klimafolgenforschung und Mitglied der von der Pontifikal-Akademie der Wissenschaften berufenen Gruppe. Im viele hundert Seiten starken letzten Sachstandsbericht des Weltklimarats
IPCC war im Zusammenhang mit den Gletschern im Himalaya bekanntlich ein Zahlendreher enthalten, der seitdem von Gegnern des Klimaschutzes für Attacken auf die gesamte Klimaforschung genutzt wird. „Dadurch ist die Gletscherschmelze für Teile der Öffentlichkeit auf unsinnige Weise zu einem Thema geworden, das sie lieber ignoriert“, sagte Schellnhuber.
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Doch dass der Vatikan als Vertretung von weltweit 1,2 Milliarden Katholiken sich heute in ganz anderem Maße als früher mit dem Klimawandel als Gefährdung der Schöpfung befasse, sei „ein wichtiges Signal“. Der renommierte amerikanische Gletscherforscher Lonnie Thompson ergänzt: „Gletscher sind eines der sichtbarsten Zeichen für den globalen Klimawandel. Sie verflechten viele Klimavariablen unserer Erde. Ihr Verlust ist längst wahrnehmbar, und trotzdem stehen sie nicht auf der politischen Tagesordnung. Gletscher erinnern uns an die atemberaubend Schönheit der Natur und andererseits an die Dringlichkeit alles in unserer Macht stehende zu tun, um sie zu schützen.“
Komplexe Mischung von Ursachen
Der Bericht listet zahlreiche Beispiele von sich zurückziehenden Gletschern rund um die Erde auf und verdeutlicht den Zusammenhang mit dem vom Menschen verursachten Klimawandel und der Luftverschmutzung. „Der Verlust vieler kleiner Gletscher im Himalaya ist sehr bestürzend für mich, weil diese Region als Wasserturm Asien dient und sowohl die Treibhausgase als auch die Luftverschmutzung zum Abschmelzen der Gletscher beitragen“, erklärt Ramanathan, der seit 2004 Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften ist.
„Für den Wandel der Gletscher ist eine komplexe Mischung aus Ursachen verantwortlich. Diese beinhalten Treibhausgase und die großflächige Emission von Russpartikeln und Staub in ‚braunen Wolken‘ sowie den damit verbundenen Wandel der regionalen Atmosphären. Dies alles resultiert in einer signifikanten Erwärmung hochgelegener Regionen, nicht nur im Himalaya“, schreiben die Autoren. „Unser Verständnis von den Veränderungen in diesen Regionen ist aber nach wie vor begrenzt“, ergänzt Georg Kaser von der Universität Innsbruck. „Es sind ambitionierte, gemeinsame Bemühungen notwendig, um auf diese Probleme zu reagieren. Mit diesem Bericht trägt die Päpstliche Akademie dazu bei, die Aufmerksamkeit dafür zu erhöhen.“
Drei Sofortmaßnahmen vorgeschlagen
Die Gefährdung von Lebensräumen, deren Wasserversorgung von Gletschern und Schnee abhängig sind, verlangt nach Ansicht der Wissenschaftler nach unmittelbaren Maßnahmen zur Entschärfung der Effekte des Klimawandels und zur Anpassung an den Wandel. Obwohl Wissenschaftler gewöhnlich davon Abstand nehmen, konkrete Maßnahmen vorzuschlagen, sagt Ramanathan, berechtigten die Umstände weitreichende Vorschläge der Arbeitsgruppe.
Die Autoren empfehlen drei Maßnahmen: die sofortige Reduktion des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes, die Reduktion der Luftverschmutzung um 50 Prozent und Vorbereitungen auf die Veränderungen durch den Klimawandel. „Wir appellieren an alle Staaten, unverzüglich effektive und gerechte Maßnahmen zu entwickeln und einzuführen, um die Ursachen und die Folgen des Klimawandels für die Gesellschaft und Ökosysteme zu reduzieren. Denn wir leben alle im gleichen Haus. Indem wir jetzt im Geist von Gemeinsamkeit und differenzierter Verantwortlichkeit handeln, akzeptieren wir unsere Verantwortung für einander und für einen Planeten, der mit dem Geschenk des Lebens gesegnet ist.“
In ihrer einleitenden Deklaration erklären die Forscher eindringlich: „Wir sind verpflichtet die Versorgung aller Bewohnerinnen und Bewohner dieses Planeten mit Brot, frischer Atemluft und sauberem Trinkwasser sicherzustellen. Denn wenn wir Gerechtigkeit und Frieden wollen, müssen wir unseren Lebensraum schützen. Die Gläubigen unter uns bitten Gott, uns diesen Wunsch zu erfüllen.“
(Universität Innsbruck / Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, 10.05.2011 – NPO)
10. Mai 2011