Archäologie

Verschollener „Sparta-Palast“ der Mykener gefunden?

Archäologen entdeckten 3.500 Jahre alte Palastanlage auf dem Peleponnes

Ein zeremonielles Trinkgefäß in Form eines Stierkopfes, entdeckt im Palast von Aghios Vassilios © Hellenic Ministry of Culture, Education and Religious Affairs

Spannender Fund: Archäologen haben auf dem Peleponnes Überreste einer großen mykenischen Palastanlage entdeckt. Neben Gebäuderuinen und zahlreichen kultischen Elfenbein, Ton- und Bronzeobjekten stießen sie auf ein ganzes Archiv von Tontafeln mit der mykenischen Linear B Schrift. Die Aufzeichnungen darauf sprechen für die große Bedeutung dieser Anlage – möglicherweise handelt es sich sogar um den verschollen geglaubten Palast von Sparta der Mykener.

Die bronzezeitliche Hochkultur der Mykener beginnt etwa 1700 vor Christus auf dem nördlichen Peleponnes. Hier entstehen prachtvolle Paläste und Tempel, die Mykener treiben Fernhandel und entwickeln eine eigene Schrift, das sogenannte Linear B. Doch 1200 vor Christus geht die mykenische Kultur plötzlich unter. Marodierenden Seevölker greifen die Küstenstädte und Handelsflotten an, wahrscheinlich aber ging dem ein Klimawandel voraus, der viele Mittelmeerkulturen schwächte und den Niedergang beschleunigte.

Rätsel um verschollenen „Sparta-Palast“

Während die mykenischen Zentren im Norden des Peleponnes inzwischen ausgegraben und gut erforscht sind, fehlt im Süden ein wichtiges Puzzleteil. Denn aus Berichten weiß man, dass die Mykener auch in der Region Sparta ein wichtiges Zentrum mit einem Palast besaßen. Doch wo dieses lag, war unbekannt. Der mykenische Palast von Sparta galt als verschollen.

Blick auf das Plateau von Aghios Vassilios mit dem Ausgrabungsgelände © Hellenic Ministry of Culture, Education and Religious Affairs

2009 jedoch stießen Archäologen in der Nähe des Dorfes Xirokambi in der Ebene Spartas auf Relikte einer größeren mykenischen Anlage, die offenbar 1500 vor Christus niedergebrannt und zerstört worden war. Seither graben sie dort – und haben nun entscheidende Indizien dafür auf gedeckt, dass es sich bei dieser 3,5 Hektar großen Anlage von Aghios Vassilios um einen wichtigen mykenischen Palast und vielleicht sogar das lange gesuchte südliche Verwaltungszentrum Mykenes gehandelt haben könnte.

Linear B-Schrift: Neue Verbindung zu den Minoern

Das wichtigste Indiz für die Bedeutung dieses Ortes: In den Ruinen des aus zehn Räumen bestehenden Palasts entdeckten die Forscher zahlreiche Tontafeln, die mit Linear B-Schrift bedeckt waren. Nach gängiger Theorie entwickelte sie sich aus der bis heute nicht entzifferten Linear A-Schrift der Minoer und breitete sich dann von Kreta auf das griechischen Festland aus.

Doch die nun entdeckten Tontafeln sind hundert Jahre älter als die bisher bekanntesten ältesten Zeugnisse der Linear B-Schrift aus Kreta. Möglicherweise fand daher der Übergang zu dieser neuen Schriftform gar nicht auf der Insel statt, sondern auf dem Festland – oder zumindest auch dort. Ein Indiz dafür könnten Überreste einer minoischen Siedlung sein, die Archäologen schon zuvor in der Nähe des neu entdeckten Palasts ausgegraben hatten.

Archiv einer fortgeschrittenen Kultur

Wie die Forscher mitteilen, enthalten die Tontafeln aus dem Palast neben Listen mit Namen auch Aufzeichnungen über finanzielle Transaktionen, Lieferungen von Gütern, sowie religiöse Texte. Das Feuer bei der Palastzerstörung hat dieses wertvolle Archiv gebrannt und damit haltbar gemacht. Die Komplexität der Aufzeichnungen spiegele eine fortgeschrittene Kultur mit einer ausgefeilten Bürokratie wider, konstatieren die Archäologen.

Der geflieste Boden eines der Palasträume in Aghios Vassilios © Hellenic Ministry of Culture, Education and Religious Affairs

In einem Gebäude östliche des zentralen Hofes entdeckten die Archäologen zudem eine Art Heiligtum mit zahlreichen kultischen Objekten, darunter Tonskulpturen von Rindern, einem zeremoniellen Trinkgefäß in Form eines Stierkopfes, Elfenbeinfigürchen und verzierten Krügen. Edelsteine und aus Ägypten importierte Skarabäen zeugen zudem von Reichtum und Einfluss der Palastbewohner. In einem weiteren Raum stießen die Forscher zudem auf 20 Bronzeschwerter.

Fahndung nach dem Thronsaal

Die Entdeckung dieses mykenischen Palasts könnte helfen, die kulturelle und politische Geschichte Mykenes in der Region Sparta aufzuklären, meinen die Forscher. Denn alle anderen berühmten mykenischen Orte, die schon bei Homer erwähnt werden, wurden bereits entdeckt, nur das Zentrum in Sparta fehlte. „Das ist ein enorm bedeutungsvoller Fund“, kommentierte Torsten Meissner von der University of Cambridge die Entdeckungen gegenüber dem Magazin livescience.

Ob es sich bei dem Palast tatsächlich um den lange verschollenen Südpalast handelte, könnte ein noch ausstehender Fund klären: Der Megaron oder Thronsaal, in dem die mykenischen Herrscher ihre Audienzen abhielten. Nach ihm suchen die Archäologen nun bei weiteren Ausgrabungen in der Anlage von Aghios Vassilios.

(Hellenic Ministry of Culture, Education and Religious Affairs, 27.08.2015 – NPO)

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