Archäologie

Versunkenes Schiff von Vasco da Gama gefunden

Von da Gamas Onkel befehligte "Esmeralda" versank 1503 vor der Küste von Oman

Zeitgenössische Zeichnung des Untergangs der Esmeralda und der Sao Pedro im Jahr 1503. © Academia de Ciencias de Lisboa

Spektakulärer Fund: Vor der Küste Omans haben Forscher das Wrack der Esmeralda entdeckt – eines der Schiffe, die den portugiesischen Seefahrer Vasco da Gama auf seiner zweiten Reise nach Indien begleiteten. Das von einem Onkel da Gamas befehligte Schiff sank 1503 in einem Sturm. Unter den am Meeresboden gefundenen Artefakten sind eine einzigartige Silbermünze aus jener Zeit, die wahrscheinlichste älteste je geborgene Schiffsglocke und Kanonenkugeln mit den Initialen des Kapitäns.

Als der portugiesische Seefahrer Vasco der Gama im Jahr 1498 den Seeweg nach Indien entdeckte, machte er damit den Weg frei für den Gewürzhandel mit dem fernen Osten und für Portugals Aufstieg zur Weltmacht. Doch der Weg um die Südspitze Afrikas herum war für die Schiffe und ihre Besatzung gefährlich. Allein zwischen 1498 und 1650 könnten nach Schätzungen von Historikern mindestens 219 Schiffe auf dieser Route gesunken sein.

Beim Sturm gesunken

Unter den Verlusten waren auch zwei Schiffe, die Vasco da Gama auf seiner zweiten Reise im Persischen Golf zurückließ, um den konkurrierenden arabischen Seehandel zu stören. Die Schiffe Esmeralda und Sao Pedro wurden von zwei Onkeln des Seefahrers befehligt. Sie sanken bei einem starken Sturm im Jahr 1503 vor der Küste von Oman.

„Der vermeidbare und teure Verluste dieser Schiffe und ihrer wertvollen Ladung ist eine gut dokumentierte Geschichte“, erklären David Mearns von der britischen Bergungsfirma Bluewater Recoveries und seine Kollegen. Demnach wurden die beiden Kapitäne von Einheimischen vor dem Sturm gewarnt, weigerten sich aber, ihre Schiffe auf der geschützteren Seite der Insel Al-Hallaniyah in Sicherheit zu bringen.

Taucher über den Überresten des Schiffswracks vor der Küste von Al-Hallaniyah. © P. Holt/Mearns et al./ Wiley, CC-by-nc-nd

2.800 Artefakte am Meeresgrund

Bereits 1998 startete Mearns und seine Kollegen eine gezielte Wrack-Suche vor der Nordostküste von Al-Hallaniyah. Dank der ausführlichen zeitgenössischen Beschreibungen des einstigen Ankerplatzes der beiden Schiffe gelang es ihnen, Spuren eines potenziellen Schiffswracks zu finden. In den letzten Jahren führten die Forscher zahlreiche Tauchgänge durch, in deren Verlauf sie mehr als 2.800 Artefakte vom Meeresgrund bergen konnten.

Unter den Funden sind Bleigewichte, wie sie damals für die Tiefenmessung verwendet wurden, zahlreiche Keramikscherben, Bleikugeln und Kanonenkugeln aus Stein. Datierungen nach stammen diese Objekte alle aus dem 15 Jahrhundert – und damit aus der Zeit Vasco da Gamas. Die Kanonenkugeln tragen zudem die Buchstaben VS – sie könnte für Vicente Sodré stehen, einen der beiden Onkel von da Gama.

Königliche „Geistermünze“ entdeckt

Besonders spannend sind mehrere Gold- und Silbermünzen, die die Forscher am Meeresgrund entdeckten. Bei den Goldmünzen handelt es sich um portugiesische Cruzados, die zwischen 1481 und 1521 geprägt wurden. Noch spektakulärer ist jedoch die Entdeckung eines „Indios“, einer Silbermünze, von der bisher nur ein einziges bekanntes Exemplar existierte.

CT-Aufnahme der silbernen Indios-Münze zeigt das Kreuz des portugiesischen Ordem Militar de Cristo. © Cultural Heritage Digitisation Lt, Mearns et al. / WIley, CC-by-nc-nd

„Der Indio ist eine besonders wichtige und aufregende Entdeckung, weil es eine legendäre Münze ist, die von König Dom Manuel I. nach der Rückkehr da Gamas von seiner ersten Reise nach Indien geprägt wurde“, erklären Mearns und seine Kollegen. „Wegen seiner großen Seltenheit galt diese Münze als ‚Geistermünze‘ Dom Manuels.“

Schiffsglocke und Kupferscheibe

Unter den Relikten des Schiffs sind auch Fragmente einer kleinen Schiffsglocke aus einer Kupferlegierung, wie die Forscher berichten. Mit Hilfe von moderner Röntgentechnik konnten sie auf ihrer Oberfläche eingeprägte Buchstaben und Zahlen sichtbar machen. Darunter ein „M“ sowie die Ziffernfolge „498“, was auf das unvollständige Datum 1498 hindeuten könnte. „Es ist gut möglich, das dies sogar die älteste Schiffsglocke ist, die jemals gefunden wurde“, sagt Mearns.

Ebenfalls interessant ist der Fund einer dünnen, 17,5 Zentimeter großen Scheibe aus einer Kupferlegierung. Sie hat in der Mitte ein Loch und trägt auf einer Seite prominent das Wappen der portugiesischen Könige sowie eine Armillarsphäre – ein von dem Portugiesen im Zeitalter der Entdeckungen verwendetes Symbol für Navigation. „Die Funktion dieser Scheibe ist jedoch noch immer unbekannt“, sagt Mearns.

„Wahrscheinlich die Esmeralda“

„Angesichts der Seltenheit europäischer Schiffe in diesen Gewässern zu jener Zeit und den geografischen Übereinstimmungen zwischen dem Fundort und den historischen Aufzeichnungen ist es schwer zu glauben, dass es sich um etwas Anderes handeln könnte als das Wrack von entweder der Esmeralda oder der Sao Pedro“, konstatieren die Forscher.

Aber welches von beiden könnte es sein? Aus den historischen Berichten geht hervor, dass die San Pedro beim Sturm auf den Strand getrieben wurde und sich die Mannschaft rettten konnte. Die Esmeralda dagegen soll vor der Küste gesunken sein, wie die Wissenschaftler berichten. Die Buchstaben VS auf den Kanonenkugeln könnten zudem auf Vicente Sodré und damit auf den Kapitän der Esmeralda hindeuten.

Nach Ansicht von Mearns und seinen Kollegen spricht daher einiges dafür, dass es sich bei dem Schiffswrack um die Esmeralda handelt – das 1503 vor Oman zurückgelassene und gesunkene Schiff von Vaso da Gamas zweiter Seereise nach Indien. (International Journal of Nautical Archaeology, 2016; doi: 10.1111/1095-9270.12175)

(Wiley, 24.03.2016 – NPO)

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