Vietnam wird in den nächsten Jahrzehnten mehr von seiner fruchtbaren Südküste einbüßen. Dies haben deutsche Wissenschaftler jetzt bei geowissenschaftlichen Forschungen in der asiatischen Republik festgestellt.
„Unsere seeseitigen Untersuchungen haben gezeigt, dass weniger Sediment aus den Mündungsarmen des Mekong die Küste erreicht und dieses Sediment zu großen Teilen vom Delta nach Westen transportiert wird“, erklärt Professor Karl Stattegger von der Universität zu Kiel.
Mangroven als Bollwerk
Vor kurzem sind hunderte Wasserproben, Sedimentkerne und Forschungsgeräte einer elfwöchigen Vietnam-Expedition in Kiel angekommen und werden jetzt von den Geowissenschaftlern ausgewertet. Das Team um Stattegger und Klaus Schwarzer erforscht bereits seit fünf Jahren am Mekongdelta und Saigon River die Küstenentwicklung, um Meeresspiegel- und Küstenveränderungen der Vergangenheit zu verstehen und Rückschlüsse für die Zukunft zu ziehen.
„Wir rechnen damit, dass westlich des Deltas im Grenzgebiet von Vietnam und Kambodscha neue Landflächen entstehen können“, so der Geologe Stattegger. Eine Erhöhung des Meeresspiegels und höhere Wellenenergie könnten die Sedimente allerdings noch weiter in den Golf von Thailand verfrachten.
Mangroven – die immergrünen salztoleranten Laubbäume in der Gezeitenzone – könnten diesen Küstenrückgang aufhalten, ist sich Schwarzer sicher, der das zweite Teilprojekt in Kiel leitet. Seine Forschungen haben aber auch ergeben, dass der Schiffsverkehr im weit verzweigten Fluss- und Kanalsystem der Mangroven die Erosion vorantreibt.
Nachhaltiges Küstenzonenmanagement im Visier
Das Mekong Delta im südlichen Vietnam hat sich von Pnom Penh (Kambodscha) aus während der letzten 6.000 Jahre um 300 Kilometer ins südchinesische Meer vorgebaut und dabei fruchtbares Land von zirka 50.000 Quadratkilometer Fläche gebildet. Hier liegt eines der am dichtest besiedelten Gebiete in Vietnam, das jedoch auch stark von Sturmfluten bedroht ist. „Wir arbeiten an einer wissenschaftlich fundierten Grundlage für ein nachhaltiges Küstenzonenmanagement“, erklärt Schwarzer.
Die Kieler Forschung ist Teil eines Projektes der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), an dem neben den Kieler Geologen auch Biologen und Ozeanografen aus Bremen, Hamburg und Warnemünde sowie Wissenschaftler aus Vietnam beteiligt sind.
(idw – Universität zu Kiel, 08.08.2008 – DLO)