GeoUnion

Von der Steinzeitaxt zum Laserkristall

Die Erforschung von Geo- und Biomaterialien als Grundlage für Werkstoffe

Babylonische Rollsiegel aus rotem Marmor (links) und Amphibolit (ein Umwandlungsgestein; rechts) © W. Hofmeister, Universität Mainz

Ob Äxte in der Steinzeit oder Schneckenhauskerne für Rollsiegel in Babylon: schon seit Urzeiten nutzt der Mensch natürliche Materialen für Gerätschaften. Auch heute kommen Werkstoffe nach Vorbild der Natur fast überall zum Einsatz, sei es in Quarzuhren, Laserkristallen oder Keramiken an Weltraumfahrzeugen. Die Materialkunde der Geo- und Biowissenschaften schlägt dabei eine Brücke zwischen der Erforschung historischer Artefakte und der Entwicklung neuartiger Hightech-Werkstoffe.

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„Das eine Ziel unserer Forschungen ist es, die natürlichen Vorkommen von Geo- und Biomaterialien und deren Bildungsbedingungen zu verstehen, um synthetische Alternativen entwickeln zu können“, erklärt Wolfgang Hofmeister vom Institut für Geowissenschaften der Universität Mainz. „Eine weitere Aufgabe hingegen ist die Herkunftsklärung historisch verwendeter Materialien, wie sie für Archäologen oder Historiker interessant ist“, fügt der Materialwissenschaftler hinzu. Das Spektrum der Fragen ist dabei ebenso interessant wie vielfältig: Handelt es sich um einen Kashmir- Saphir oder um einen Siam-Rubin? Ist dies eine Südsee-Perle oder möglicherweise ein „Blut- Diamant“ aus Angola? Stammt das Elfenbein von einem sibirischen Mammut oder doch von einem afrikanischen Steppenelefanten?

Geheimnis um Rollsiegel gelüftet

Oftmals darf die Untersuchung wertvoller historischer Artefakte zu deren Schutz nur unter Einsatz zerstörungsfreier Methoden erfolgen. „Einen großen Beitrag zur Entwicklung solch neuer Methoden hat die Edelsteinforschung an der Universität Mainz geleistet, zuletzt bei der Materialanalyse von vielen hundert babylonischen Rollsiegeln. Dies sind in Steinwalzen negativ eingravierte Hoheitszeichen, die durch Abrollen in weicher Materie wie Wachs oder Ton als Siegel erkennbar werden“, erklärt Hofmeister. Sein Team entwickelte zur beschädigungsfreien Analyse der mehrere tausend Jahre alten Objekte spezielle spektroskopische Messmethoden und fasste die Ergebnisse in umfangreichen Datenbanken zusammen. „Dies hat uns erlaubt, eine sehr umfangreiche Sammlung hinsichtlich der Echtheit der Siegel anzulegen und die verwendeten Rohstoffe exakt zu charakterisieren“, beschreibt Hofmeister das mineralogische und archäologische Gemeinschaftsprojekt.

Doch die Materialforscher der Universität Mainz beschäftigen sich auch mit Zukunftstechnologien. Denn bei Hightech-Firmen kommen immer häufiger Geomaterialien gepaart mit den Erkenntnissen moderner Materialforschung zum Einsatz. Paradebeispiel sind sicherlich die Diamanten, die zu technisch anspruchvollsten Hochleistungswerkzeugen umgewidmet werden können. „Doch schon geringe Mengen von Stickstoff- oder Bor-Atomen, die im lupenreinen Diamanten den Kohlenstoff ersetzen, tragen zu drastischen Veränderungen physikalischer und mechanischer Eigenschaften der Diamanten bei“, warnt Hofmeister. „Da sich diese im Hochleistungsfall negativ auswirken, müssen sie mit modernsten Methoden der Edelsteinkunde erkannt und geortet werden.“

Muscheln als Klimaarchiv

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Abseits der mineralischen Materialien hat sich zudem eine neue Forschungsstrategie im Rahmen des Landesexzellenzclusters „Geocycles“ als erfolgreich erwiesen: So wurde an der Universität Mainz im Bereich Biomineralisation und Edelsteinforschung der Forschungsschwerpunkt „Perlen- Muscheln-Korallen“ eingerichtet. Dieser aquatische Ansatz ergänzt die mehr landgebundenen Arbeiten, die sich mit Elfenbein, Zähnen, Knochen oder Hörnern beschäftigen. „Aktuelle Fragestellungen umfassen zum Beispiel die physiologische Kontrolle des Organismus der Muschel auf Struktur und Zusammensetzung der Schale“, erläutert Dorrit Jacob, Leiterin der Nachwuchsgruppe Biomineralisation der Universität Mainz.

Dies ist von großem Interesse, da die chemische Zusammensetzung von Muschelschalen für die Rekonstruktion von Umweltbedingungen und Klima zu Lebzeiten der Muschel genutzt werden kann. Denn da Muscheln mit ihren festen Schalen seit Millionen von Jahren in der Erdgeschichte vorkommen, stellen sie hervorragende Datenarchive dar. „Es ist damit ein verlässliches Instrument an die Hand gegeben, um über vergangene erdgeschichtliche Klimaänderungen Aussagen und damit möglicherweise Vorhersagen über zukünftige Klimaentwicklungen zu machen“, fasst Jacob die Bedeutung der Biomineralisation für die Geowissenschaften zusammen.

(Wolfgang Hofmeister, Dorrit Jacob (Johannes Gutenberg-Universität Mainz), 29.12.2006 – AHE)

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