Die Waldböden der gemäßigten und tropischen Regionen könnten den Klimawandel weiter verstärken. Denn sie setzen mit steigenden Temperaturen auch Kohlendioxid (CO2) frei, das schon seit mehr als einem Jahrzehnt im Boden gebunden war – und damit bisher dem Klimasystem entzogen. Das haben Forscher vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena gemeinsam mit US-amerikanischen Kollegen herausgefunden. Bis zu 70 Prozent des organischen Materials in den Waldböden der gemäßigten Breiten bestehe aus mehr als einem Jahrzehnt alten Kohlenstoffverbindungen. Die aktuellen Ergebnisse deuteten darauf hin, dass diese Verbindungen zunehmender Erwärmung verstärkt zerfallen und CO2 freisetzen, berichten die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Science“.
Die Böden weltweit speichern etwa doppelt so viel Kohlenstoff wie in der Atmosphäre in Form von CO2 vorhanden ist. Bakterien und Pilze bauen die organischen Kohlenstoffverbindungen ab und setzen den Kohlenstoff im Laufe der Zeit als gasförmiges CO2 wieder frei. Dass dieser Prozess durch höhere Temperaturen beschleunigt wird, war bereits bekannt. Jetzt zeigt sich jedoch, dass dabei auch verstärkt Kohlenstoff wieder an die Atmosphäre abgegeben wird, der schon seit langem gebunden und damit aus dem Klimasystem entfernt war.
„1.750 bis 4.700 Kilogramm Kohlenstoff pro Quadratmeter waren allein in den oberen 15 Zentimetern des Waldbodens anfällig gegenüber der Erwärmung“, berichten Francesca M. Hopkins vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie und der University of California in Irvine und ihre Kollegen. Sie hatten für ihre Untersuchung Messungen in zwei Waldgebieten in den USA durchgeführt.
Wenn verstärkt alte Kohlenstoffverbindungen aus den Böden zerfallen, könnte dies für die Entwicklung des Klimas gravierende Folgen haben, wie die Forscher betonen. Denn daraus ergebe sich eine positive Rückkopplung: Der Boden setzt bei steigenden Temperaturen verstärkt CO2 frei. Dieses Treibhausgas wiederum heizt die Atmosphäre zusätzlich auf. Als Folge wird noch mehr CO2 von den Böden abgegeben. „Bisherige Klimamodelle können noch nicht vorhersagen, wie viel Bodenkohlenstoff beispielsweise in den nächsten hundert Jahren freigesetzt wird“, erklären die Forscher. Die aktuellen Erkenntnisse könnten nun helfen, solche Vorhersagemodelle zu verbessern.
Experiment mit zehn Jahren Vorlauf
Für ihre Studie hatten die Forscher Messungen in zwei Waldgebieten in den US-Bundesstaaten Wisconsin und North Carolina durchgeführt. Dazu wurden Versuchsflächen zehn Jahre lang mit speziell markiertem CO2 begast. Die Pflanzen nahmen diesen auf, bauten ihn in ihre Gewebe ein und mit der Zeit gelangte der Kohlenstoff über abgestorbene Pflanzenteile im Boden. Durch die Markierung konnten die Forscher diesen neu gebundenen Kohlenstoff von dem alten, bereits vor mehr als zehn Jahren eingebauten Kohlenstoff unterscheiden.
Die Wissenschaftler nahmen dann Bodenproben aus den obersten 15 Zentimetern des Waldbodens und prüften, wie viel neuer und alter Kohlenstoff im Humus enthalten war. In Laborexperimenten testeten sie zudem, wie viel Kohlendioxid diese Bodenproben bei verschiedenen Temperaturen abgaben.
Das Ergebnis: Rund 30 Prozent des freigesetzten CO2 stammten aus alten, mehr als zehn Jahre alten Kohlenstoffverbindungen. „Überraschenderweise nahm dabei die Zersetzung des alten Kohlenstoffs mit steigender Temperatur genauso – oder sogar noch stärker – zu, wie beim jungen Kohlenstoff“, sagt Studienleiterin Susan Trumbore, Direktorin am Jenaer Max-Planck-Institut. (doi:10.1073/pnas.1120603109)
(Proceedings of the National Academy of Science, 13.06.2012 – NPO)