Nicht zu stoppen: Der Schlammvulkan „Lusi“ auf Java ist seit elf Jahren unaufhörlich aktiv – jeden Tag stößt er zehntausende Kubikmeter Schlamm aus. Warum diese Eruption nicht aufhört, haben Forscher jetzt herausgefunden. Demnach ist der Schlammvulkan über unterirdische Gänge mit einem nahen Vulkankomplex verbunden. Über diese strömen Magma und heißes Wasser ins schlammige Sediment des Lusi und halten die Eruption in Gang – wahrscheinlich noch über Jahre hinaus.
Es begann am 29. Mai 2006: In der Nähe einer Testbohrung im Osten Javas schoss plötzlich eine 50 Meter hohe Schlammfontäne aus dem Boden – und hörte seither nicht mehr auf. Täglich speit der Schlammvulkan rund 80.000 Kubikmeter sauerstoffarmes, organisches Sediment, das alles Leben im nahen Umkreis erstickt und Teile umliegender Orte unter einer 40 Meter dicken Schicht begraben hat. Alle Versuche, die Eruption zu stoppen oder wenigstens einzudämmen waren bisher vergeblich.
Blick in die Lusis Innenleben
Doch warum hört die Eruption des Lusi einfach nicht auf? „Mit seiner Langlebigkeit ist Lusi ein auf der Erde einzigartiges System“, konstatieren Adriano Mazzini von der Universität Oslo und seine Kollegen. Die Ursache dafür haben sie nun mithilfe der seismischen Tomografie untersucht. Dafür installierten die Forscher 31 Seismometer rund um den Schlammvulkan und registrierten zehn Monate lang, wie der Untergrund zufällige Erschütterungen reflektiert.
Die Messungen enthüllten Überraschendes: Zwar stammt der Schlamm aus einem Sediment-Reservoir direkt unter dem Vulkan, der Motor für den anhaltenden Ausbruch jedoch liegt woanders: im einige Kilometer entfernten Vulkankomplex Arjuno-Welirang. In sechs Kilometern Tiefe führen mehrere Spalten von der nördlichsten Magmakammer dieser Vulkane bis zum Sedimentbecken des Lusi.
„Fernheizung“ von nahem Vulkankomplex
„Wir haben klare Belege dafür, dass beide Systeme in der Tiefe miteinander verbunden sind“, sagt Mazzini. Über die unterirdischen Gänge strömen Magma und hydrothermale Flüssigkeit aus der Magmakammer von Arjuno-Welirang in das Sediment unter dem Schlammvulkan. Dieser heiße Einstrom setzt Gase aus dem Schlamm frei, die den Druck im Schlammreservoir ansteigen lassen – wie in einem Dampfkochtopf.
„Es braucht dann nur wenig, um die Verbindungen zur Oberfläche zu öffnen und den ganzen Überdruck, der sich in der Tiefe angestaut hat, nach oben entweichen zu lassen“, erklärt Mazzini. Er und seine Kollegen vermuten, dass ein Erdbeben, das Java zwei Tage vor dem Ausbruch des Lusi erschütterte, dem Schlamm den Weg nach oben freigemacht hat. Andere Forscher halten dagegen eher eine nur 200 Meter vom heutigen Schlammvulkan entfernte Gasbohrung für den Trigger der Eruption.
Ken Ende in Sicht
Der ständige Magma- und Wassernachschub für Lusi ist für die Menschen in der Nähe des Schlammvulkans keine gute Nachricht. Denn die unterirdische Verbindung zum Arjuno-Welirang sorgt dafür, dass die Eruption des Schlammvulkans wohl so schnell nicht aufhören wird. Solange heißes Flüssigkeit in das Sedimentbecken strömt, wird Lusi weiter Schlamm speien, prognostizieren die Forscher.
Und an Material mangelt es dem Schlammvulkan nicht. Die seismischen Aufnahmen zeigen, dass sich unter Lusi eine pilzförmige Struktur befindet, bei der es sich nach Ansicht der Forscher um einen hydrothermalen Plume handeln könnte – ein aus der Tiefe und über die Gänge zum Vulkankomplex ständig nachgefülltes Reservoir heißer Flüssigkeit. Ihrer Einschätzung nach wird die Eruption daher noch mindestens Jahre anhalten.
Möglicherweise signalisiert die Dauereruption des Lusi sogar eine noch größere Veränderung: Der Vulkankomplex Arjuno-Welirang könnte bereits dabei sein, sich in Richtung des Schlammvulkans auszubreiten. Denn der jüngste Vulkan dieses Komplexes, Penanggungan, ist auch der dem Lusi am nächsten gelegene. „Diese Migration nutzt das geschwächte Gestein entlang der Watukosek-Verwerfung als bevorzugten Weg“, so Mazzini und seine Kollegen. (Journal of Geophysical Research: Solid Earth, 2017; doi: 10.1002/2017JB014592)
(American Geophysical Union, 18.10.2017 – NPO)