Signatur frühen Lebens? Wenn in einem uralten Gestein kugelförmige Pyrit-Kristalle vorkommen, könnte dies ein Indikator für uralte Lebensspuren sein. Denn solche Himbeer-förmigen Pyrite entstehen nur, wenn biologisch erzeugtes Magnetit mit dem Wasser heißer schwefelreicher Quellen reagiert, wie nun ein Experiment belegt. Die Pyritkugeln sind demnach eine Biosignatur, die dabei helfen könnte, echte Relikte des ersten Lebens von geochemisch gebildeten Mineralen zu unterscheiden.
Wann und wo entstand das erste Leben auf der Erde? Bisher ist dies unklar, weil es kaum eindeutige Fossilien gibt – die ersten Zellen blieben nicht erhalten. Paläontologen sind daher auf indirekte Hinweise angewiesen, darunter zellähnlich geformte Mikrofossilien oder chemische Verbindungen, die typischerweise durch biologische Organismen gebildet werden. Das Problem jedoch: Viele dieser Moleküle und Minerale können auch abiotisch entstehen und Forschende damit in die Irre führen.
Vom Magnetit zum Pyrit
Als eine potenzielle Biosignatur für frühes Leben gilt das in heißen Quellen der Tiefsee vorkommende Mineral Pyrit (FeS2) – auch als „Katzengold“ bekannt. Denn diese Eisen-Schwefel-Verbindung kann geochemisch entstehen, aber auch sekundär aus biogenem Magnetit (Fe3O4). Dieses Eisenoxid wird von bestimmten Archaeen und Bakterien gebildet, die im Rahmen ihres Stoffwechsels Eisen reduzieren.
Die biogene Magnetitbildung ist noch heute bei einzelligen Bewohnern hydrothermaler Schlote am Meeresgrund verbreitet – heißen Quellen, die als mögliche Wiege des Lebens gelten. Das Problem jedoch: Magnetit bleibt im Umfeld der unterseeischen Schlote nicht lange erhalten, weil es mit den schwefelhaltigen Fluiden der hydrothermalen Flüssigkeiten zu Pyrit reagiert. Und beim Pyrit ließ sich bisher nur schwer ermitteln, ob dieses Mineral biotisch oder abiotisch entstanden ist.
Eine hydrothermale Quelle im Labor
Doch jetzt haben Eric Runge von der Universität Tübingen und seine Kollegen ein Merkmal entdeckt, an dem sich der Ursprung von urzeitlichem Pyrit ablesen lässt. Für ihre Studie hatte das Team im Labor nachgestellt, wie Magnetit mit den schwefelreichen Fluiden von heißen Quellen reagiert. Dazu erzeugten sie eine rund 80 Grad heiße, sauerstoffarme Meerwassermischung, deren Zusammensetzung der von hydrothermalen Schloten auf der Urerde ähnelte.
In diese Mischung gaben die Forscher dann zwei verschiedene Sorten von Magnetit: einen rein abiotisch durch eine chemische Reaktion hergestellten Magnet sowie eine vom eisenreduzierenden Bakterium Geobacter sulfurreducens biogen erzeugte Magnetitvariante. Beide Ansätze wurden mehrere Tage lang unter gleichen Bedingungen inkubiert. Dann untersuchten Runge und sein Team, was aus dem Magnetit geworden war und wie das daraus gebildete Pyrit aussah.
Würfel, verästelte Zweige und knubbelige Kugeln
Das Ergebnis: „Wir beobachteten, dass sowohl der nicht-biologische als auch der biologische Magnetit innerhalb von Stunden weitgehend aufgelöst wurden“, berichtet Runge. Doch nähere Analysen mit dem Rasterelektronenmikroskop enthüllten, dass sich die Kristallformen des aus dem Magnetit gebildeten Pyrits deutlich unterschieden: Der Pyrit mit abiotischem Magnetitvorgänger entwickelte verzweigte, tannenbaumförmige Pyritkristalle oder kompakte Würfel.
Anders war dies bei dem aus biogenem Magnetit entstandenen Pyrit: Er bildete eher kugelförmige Gebilde. „Die Struktur dieses kugelförmigen Pyrits ähnelt der einer Himbeere“, erklärt Runges Kollege Andreas Kappler. „In dieser Form entstand er nur, wenn der Ausgangsstoff Magnetit durch Eisen-reduzierende Bakterien gebildet worden war.“ Typischerweise entstanden die ersten dieser Pyrit-„Himbeeren“ nach rund drei Wochen der Inkubation im warmen, schwefelhaltigen Meerwasser.
Himbeer-artiger Pyrit als Biosignatur
„Damit haben wir demonstriert, dass die Reaktion von biogenem Magnetit mit schwefelhaltigem hydrothermalen Wässern die Bildung von Himbeer-artigem Pyrit auslösen kann“, schreiben die Forschenden. Weil diese charakteristische Mineralform nicht auf abiotische Weise entsteht, könnte sie als fossiler Nachweis für frühes bakterielles Leben dienen – „insbesondere in den ältesten, durch heiße Quellen gebildeten Gesteinen auf unserem Planeten“, so Kappler.
„Die Erforschung von Biosignaturen ist aber nicht nur relevant, um die Geschichte des Lebens auf der Erde zu entschlüsseln“ betont Seniorautor Jan-Peter Duda von der Universität Tübingen. Solche molekularen Indikatoren seien auch relevant für die Suche nach außerirdischem Leben. „Heiße Quellen, ähnlich denen in unserer Tiefsee, könnten zum Beispiel auch auf dem Saturnmond Enceladus vorkommen“, so Duda. „Studien wie unsere liefern die Grundlagen, um deren Spuren zu erkennen.“ (Communications Earth & Environment, 2024; doi: 10.1038/s43247-024-01400-z)
Quelle: Eberhard Karls Universität Tübingen