Sie gilt als Weltfabrik, als boomende Metropole im Perlflussdelta, als Chinas „Tor zur Welt“: Die über elf Millionen Einwohner zählende Megastadt Guangzhou hat sich seit 1978 von einer ländlich geprägten Region zu einem der aktivsten Wirtschaftsräume weltweit entwickelt. Doch der enorme Aufschwung ist nicht ohne Folgen für Mensch und Natur geblieben: Das zunehmend ungesteuerte Wachstum der südchinesischen Stadt und die stark steigenden Bevölkerungszahlen stellen beispielsweise das Wassermanagement in Guangzhou vor große Herausforderungen.
Im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Megastädte: Informelle Dynamik des globalen Wandels“ untersuchen Wissenschaftler der RWTH Aachen und der Christian-Albrechts-Universität Kiel den Zusammenhang zwischen formellen und informellen Stadtstrukturen und deren Einfluss auf die Ressource Wasser.
Eine Stadt wird „zerlegt“
„Um Daten gezielt erheben zu können, wird die komplexe Stadt Guangzhou zunächst in kleine Stadtbausteine, so genannte ‚urban units‘, mit möglichst homogenen Eigenschaften bezüglich ihrer Freiräume, Gebäude- und Infrastruktur, unterteilt“, erklärt Ramona Strohschön vom Lehrstuhl für Ingenieurgeologie und Hydrogeologie der RWTH Aachen. Diese Art der Betrachtung eignet sich für chinesische Städte besonders, da dort zentral-gesteuerte Planungsprozesse zu Grunde liegen, durch die die Stadtstruktur gut erkennbar ist. Die detaillierte Untersuchung der Stadtmorphologie der ‚urban units‘ bietet dann Aufschluss über Form und Dynamik der Selbstregulierung unterschiedlichster Prozesse, die gerade in Megastädten einer enormen Geschwindigkeit unterliegen.
„Ziel des Projekts ist es, einzelne ‚urban units‘ so zu charakterisieren, dass eine Übertragung zunächst auf die Stadt und, in einem weiteren Schritt, auf andere Megastädte möglich ist“, sagt Dr. Klaus Baier, der ebenfalls an der RWTH Aachen tätig ist. „Aussagen über die Wasserquantität und -qualität bestimmter Raumeinheiten sollen zukünftig auf diese Weise leichter zu treffen sein, Prozesse der Stadtplanung könnten so vereinfacht werden.“