Geowissen

Weltgrößter Eisberg auf Kollisionskurs

Kollision von A68 mit Südgeorgien könnte tausende Pinguine und andere Tiere gefährden

Eisberg A68
Der Eisberg A68 ist 160 Kilometer lang und 48 Kilometer breit – und damit der größte Eisberg der Welt.© NASA Earth Observatory, NASA EOSDIS/LANCE and GIBS/Worldview

Drohender Zusammenstoß: Der im Sommer 2017 vom Larsen-C-Schelfeis abgebrochene Eisberg steuert direkt auf die Insel Südgeorgien zu. Es besteht die Gefahr, dass der 160 Kilometer lange Eisberg mit ihr kollidiert – momentan beziffern Forscher das Risiko auf 50:50. Sollte es zur Kollision kommen, könnte dies tausende Pinguine und Seerobben auf der Insel gefährden, weil der riesige Tafeleisberg ihnen dann den Weg ins Meer versperrt.

Dass Teile der antarktischen Schelfeise abbrechen und als Eisberge ins Meer hinaustreiben, ist nichts Ungewöhnliches. In den letzten Jahren aber haben sich solche Ereignisse auffallend gehäuft. Der bislang spektakulärste Abbruch ereignete sich im Sommer 2017. Damals brach ein 5.800 Quadratkilometer großes und eine Billion Tonnen schweres Stück des Larsen-C-Schelfeises ab. Der dabei entstandene Eisberg A68 ist der größte der Welt.

Der Eisberg A68 driftet zurzeit direkt auf Südgeorgien zu. © Copernicus Sentinel 3 Mosaic / Polar View

Eisberg ist noch intakt und driftet auf Südgeorgien zu

Inzwischen treibt der Riesen-Eisberg im Südatlantik, etwa 1.500 Kilometer südöstlich von der Südspitze Südamerikas entfernt. „Es ist wirklich bemerkenswert, dass A68 immer noch in einem Stück ist, vor allem weil man in Radaraufnahmen schon große Risse sieht“, sagt Andrew Fleming vom British Antarctic Survey (BAS). „Ich hätte erwartet, dass der Eisberg bis jetzt längst zerbrochen ist.“ Bisher allerdings ist der 160 Kilometer lange und 48 Kilometer breite Tafeleisberg noch intakt.

Genau das könnte bald zum Problem werden. Denn Satellitenaufnahmen zeigen, dass A68 in nördlicher Richtung driftet – direkt auf die Insel Südgeorgien zu. Mit dem Tempo, mit dem er derzeit durch den Südatlantik treibe, könne er in 20 bis 30 Tagen die eher flachen Gewässer der Insel erreichen. „Ob der Eisberg dort auf Grund läuft und festhängt oder vorbeidriftet, ist momentan in der Schwebe“, sagt Flemings Kollege Peter Fretwell. Das Risiko für eine Kollision liege bei etwa 50:50.

Pinguin- und Robben-Nachwuchs könnte verhungern

Sollte A68 mit Südgeorgien kollidieren, könnte dies negative Folgen für die dort lebende Tierwelt haben. Denn wenn plötzlich diese gigantische Eisfläche den Weg zum Wasser versperrt, können vor allem Pinguine, Robben und einige dort brütende Vogelarten sich und ihren Nachwuchs nicht mehr richtig mit Futter versorgen. Auf Südgeorgien leben mehrere tausend Königspinguine neben Goldschopfpinguinen, Zügelpinguinen und Eselspinguinen.

„In der kritischen Zeit, in der die Robben und Pinguine ihre Jungen aufziehen, ist die Entfernung zu ihren Nahrungsquellen – Fisch und Krill – entscheidend“, erklärt Geraint Tarling vom British Antarctic Survey. Denn diese Tiere ernähren sich und ihren Nachwuchs mit im Meer erjagtem Futter. „Wenn sie einen großen Umweg machen müssen, kommen sie möglicherweise nicht rechtzeitig zurück, um ihre Jungen während dieser Zeit vor dem Verhungern zu bewahren“, so der Forscher. Als Folge könnte die Zahl der Pinguine und Robben stark zurückgehen.

Erholung könnte Jahrzehnte dauern

„Natürlich können Ökosysteme sich davon erholen und werden es auch“, betont Tarling. Aber weil der Eisberg wegen seiner Größe zehn Jahre vor der Insel festliegen könnte, würde dies im Falle von A68 wahrscheinlich mehrere Jahrzehnte dauern. Bleibt die Kollision jedoch aus und der Eisberg treibt weiter im offenen Ozean, dann könnte dies sogar ökologische Vorteile bringen.

„Das Eis trägt enorme Mengen an Staub in sich, die beim Schmelzen den Ozean düngen und das Planktonwachstum fördern“, erklärt Tarling. „Dieses Plankton bildet die Basis der Nahrungskette und nimmt CO2 aus der Atmosphäre auf, wodurch es einen Teil der anthropogenen CO2-Emissionen ausgleicht.“

Quelle: Agence France-Presse, British Antarctic Survey

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