Kartographie

Weltkarte von Amerigo Vespucci entdeckt

Früheste Kopie der gut 500 Jahre alten Karte verbarg sich in einer alten Reisebeschreibung

VEspucci-Karte
Diese handkolorierte Weltkarte geht auf eine Vorlage von Amerigo Vespucci zurück. © Universität Rostock

Mehr als 500 Jahre wurde ihr wahrer Wert übersehen: Historiker haben in Rostock die früheste bekannte Kopie der Weltkarte von Amerigo Vespucci aufgespürt – des berühmten Entdeckungsreisenden, der Amerika seinen Namen gab. Die Karte verbarg sich in einer 1505 gedruckten Reisebeschreibung des Entdeckers. Dass sie von Vespucci stammt, blieb aber unerkannt – bis jetzt.

Amerigo Vespucci war einer der großen Entdecker der Neuen Welt. Um 1500 unternahm er mehrere Fahrten über den Atlantik und trug zur Erkundung Südamerikas bei. Weil Vespucci auch ein guter Kartograf war, fügte er seinen Reisebeschreibungen auch einige der ersten Karten des Neuen Kontinents bei. Als erster Europäer erkannte er zudem, dass die 1492 von Kolumbus entdeckte „Neue Welt“ nicht zu Asien gehören konnte. In Anerkennung dieser besonderen Leistung bezeichnete der deutsche Geograph Martin Waldseemüller den neuen Kontinent seit 1507 auf seinen Karten nach dem Vornamen Vespuccis „America“.

Weltkarte
Der 1505 hergestellte Rostocker Druck des „Novus Mundus“ enthält die Kopie von Vespuccis Weltkarte als ganzseitige, handkolorierte Illustration. © Burke et al. /PNAS

Vespucci nutzte eine ganz neue Projektion

Doch von den Karten, die Vespucci selbst zeichnete, ist keine erhalten geblieben. Das Schicksal der Karten, die Vespucci im Jahr 1500 von seiner dritten Entdeckungsreise aus nach Italien sandte, ist unbekannt. Erhalten geblieben ist nur ein Brief des Entdeckers, den er am 18. Juli 1500 an seinen Arbeitgeber Lorenzo di Medici schrieb. Diesem legte er zwei – heute verschollene – Karten bei, für die er eigenes eine neue Projektion entwickelt hatte.

„Aus dem Brief geht hervor, dass Vespucci eine neue kreisrunde Projektion erarbeitet hat, auf die er sehr stolz war“, erklärt Gyula Pápay von der Universität Rostock. „Diese Projektion benutzte er nur für die Darstellung der Alten Welt. Für die Darstellung der westlichen Hemisphäre, die größtenteils noch unentdeckt war, verwendete er hingegen eine Plattkarte, deren Grundlagen auf die Antike zurückgehen.“ Die runde Karte diente Vespucci demnach für die Darstellung des Bekannten und die unrunde Karte der Entdeckung des Unbekannten.

Verborgen in einem 500 Jahre alten Druck

Doch wie diese Karten und ihre ungewöhnliche Projektion aussahen, war bislang unbekannt. Denn die Werke waren verschollen – bis jetzt. Denn Pápay hat bei näherer Untersuchung festgestellt, dass ein in der Universitätsbibliothek Rostock aufbewahrter Druck von Vespuccis Reisebeschreibung „De novo mundo“ eine seiner Weltkarten enthält. Der 1505 in Rostock von Hermann Barckhusen hergestellte Druck ist die einzige Ausgabe dieser Reisebeschreibung, die eine Weltkarte enthält.

Weil jedoch in der Erläuterung zur Karte kein Kartenautor genannt wurde und niemand diese Karte näher untersucht hat, hielt man sie für eine nicht weiter besondere, damals übliche Weltdarstellung. Erst Pápay ist es aufgrund eigener Nachforschungen gelungen, ihre einzigartige kulturhistorische Bedeutung zu ermitteln.

Älteste und vollständigste Kopie von Vespuccis Karte

Das überraschende Ergebnis: Die in dem Druck enthaltene Weltkarte ist die bisher früheste und vollständigste Kopie der von Vespucci selbst erstellten Karten. „Bei der Rostocker Karte handelt es sich wahrscheinlich um die einzige Karte, die eine Karte von Vespucci zumindest als Kopie für die Nachwelt bewahrt hat“, sagt Pápay.

„Bei der Untersuchung der Kartenstruktur der Rostocker Weltkarte hat sich herausgestellt, dass die Karte nicht in Rostock erarbeitet wurde: Sie ist die Kopie einer mit großer kartographischer Fachkenntnis erarbeiteten Karte, die 1478 in Rom erschien“, erläutert der Historiker. Doch sowohl das Original als auch die Druckvariante sind verschollen. Lediglich zwei Kopien dieser Karte sind erhalten geblieben – und die früheste und vollständigste Kopie findet sich nun in der in Rostock gedruckten Ausgabe des „Novus Mundus“.

Quelle: Universität Rostock

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