Eine Welt ohne Krieg, ohne nationale Interessen, eine Welt in der alle Lebewesen geschützt sind und in der der Durst nach Wissen Vorrang hat, vor allem anderen menschlichen Begehr. Ein Traum? Nein, solch eine Welt gibt es sogar auf dieser Erde – sie heißt Antarktis. Und die zivilisatorische Meisterleistung, die diese Welt schützt ist der Antarktis-Vertrag.
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„In der Erkenntnis, dass es im Interesse der ganzen Menschheit liegt, die Antarktis für alle Zeiten ausschließlich für friedliche Zwecke zu nutzen und nicht zum Schauplatz oder Gegenstand internationaler Zwietracht werden zu lassen“, unterzeichneten 1959 zwölf Staaten das einmalige Werk, das 1961 in Kraft trat. Als oberste Priorität verankert es die friedliche Forschung auf dem siebten Kontinent. Der Vertrag ist aus der erfolgreichen wissenschaftlichen Zusammenarbeit in der Antarktis im Geophysikalischen Jahr 1958/57 erwachsen und stellt die nationalen Gebietsansprüche hinter eine gemeinsame, friedliche Erforschung dieser Region.
Ständige Verbesserungen
Zunächst standen friedliche, wissenschaftliche Nutzung und eine umfassende internationale Zusammenarbeit im Vordergrund. Doch schon bald hat sich der Fokus auf Umweltschutzanliegen ausgedehnt. Es entwickelte sich ein ganzes System von Regelungen und Vereinbarungen. Das Robbenschutzabkommen gilt seit 1972, das Abkommen über den Schutz der lebenden Meeresschätze seit 1980. Im Jahre 1991 kam das Umweltschutzprotokoll hinzu: Es umfasst ein ganzes System von Maßnahmen, das den Schutz von Pflanzen und Tieren regelt, den Tourismus betrifft, sämtlichen Bergbau untersagt und auch die Kontrolle zur Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen im Rahmen des Protokolls regelt. In ihm ist auch vorgeschrieben, unter welchen Auflagen wissenschaftliche Vorhaben durch- und Bauwerke ausgeführt werden dürfen. Es stärkt somit die internationale Verantwortung für die Antarktis und unterstreicht die bedeutende Rolle der Antarktis für das Weltklima.
Nach seiner Ratifizierung 1998 trat das Umweltschutzprotokoll mit entsprechenden nationalen Regelungen zum umweltgerechten Verhalten in der Antarktis in Kraft. In Deutschland bestimmt das Ausführungsgesetz zum Umweltschutzprotokoll, welche Auflagen bei Aufenthalten in der Antarktis für Wissenschaftler und Touristen gelten. Konsequenz daraus ist, dass, wer Bestimmungen des AUG verletzt – indem er zum Beispiel vorsätzlich einen Pinguin verletzt – mit einer Strafe von bis zu 50.000 Euro oder 5 Jahren Gefängnis rechnen muss.
Laufzeit bis zum Jahr 2021
Der ursprüngliche Vertrag hatte eine Laufzeit von 30 Jahren, doch 1991 wurde er um weitere 30 Jahre verlängert, das Umweltschutzprotokoll gilt sogar für 50 Jahre. Dieses einmalige völkerrechtliche Vertragswerk gilt für alle Gebiete südlich des 60. Breitengrades. Mit ihm wurde auch die erste kernwaffenfreie Zone eingerichtet – auch Atomreaktoren sind nicht zugelassen.
Aus den ursprünglich 12 Mitgliedsstaaten sind inzwischen 45 geworden. Diese sind die 28 Konsultativstaaten, die auf den jährlich stattfindenden Konferenzen Stimmrecht besitzen, und weitere 17 Staaten, die dem Vertragswerk im Verlaufe der Jahre beigetreten sind. Um den Konsultativstatus zu erwerben, muss ein Land erhebliche wissenschaftliche Forschung in der Antarktis betreiben, zum Beispiel, in dem es eine Station in der Antarktis unterhält oder regelmäßig Expeditionen dorthin unternimmt. Die BRD ist 1979 und damit erst fünf Jahre nach der DDR beigetreten. Dafür hat die BRD seit 1981 Konsultativstatus, den die DDR erst 1987 erreichte.
Das Antarktische Vertragssystem ist damit eines der umfassendsten Vertragswerke, welches den Umweltschutz für das größte Naturschutzgebiet auf der Erde regelt – und es funktioniert. Sicherlich auch, weil dort keine Menschen wohnen, deren Interessen mit dem Umweltschutz in Konflikt stehen. Vielleicht aber auch, weil angesichts der Dramatik der antarktischen Landschaft jeder der sie gesehen hat, merkt, wie klein wir eigentlich sind.
Dem Antarktisvertrag gehören heute folgende Mitglieder an (Beitrittsdatum):
12 Gründungsmitglieder (1961):
Argentinien, Australien, Belgien, Chile, Frankreich, Großbritannien, Japan, Neuseeland, Norwegen, Russland (damals UdSSR =Sowjetunion), Südafrika, USA
15 Staaten mit Konsultativstatus:
Brasilien (1975), Bulgarien (1978), Deutschland (1979), Ekuador (1987), Finnland (1984), Indien (1983), Italien (1981), Niederlande (1967), Peru (1981), Polen (1961), Schweden (1984), Spanien (1982), Süd Korea (1986), Ukraine (1992), Uruguay (1980), Volksrepublik China (1983)
17 Staaten ohne Konsultativstatus:
Dänemark (1965), Estland (2001), Griechenland (1987), Guatemala (1991), Kanada (1988), Kolumbien (1989), Nord Korea (1987), Kuba (1984), Österreich (1987), Papua-Neuguinea (1981), Rumänien (1971), Schweiz (1990), Slowakei (1993), Tschechische Republik (1993), Türkei (1996), Ungarn (1984), Venezuela (1999)
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(Kirsten Achenbach / RCOM, 06.02.2006 – AHE)