Mysteriöse Marmorfresser: Im Marmor und Kalkstein mehrerer Wüstengebiete haben Geologen ganze Galerien winziger, paralleler Tunnel entdeckt. Diese Mikrostrukturen sind nur rund einen halben Millimeter dick, bilden aber meterlange Bänder im Gestein. Analysen legen nahe, dass sie von Lebewesen geschaffen wurden – aber welchen? Ihre Form und Anordnung passt zu keinem bekannten endolithischen Organismus, wie die Forschenden berichten. Sie hoffen nun, dass weitere Funde das Rätsel lösen können.
Auch wenn das Gestein des Untergrunds oder Felsen in kargen Wüstengebieten uns lebensfeindlich und unwirtlich vorkommen: Es gibt Lebewesen, die buchstäbliche Steinfresser sind – diese endolithischen Organismen beziehen ihre Energie und Nährstoffe aus dem Abbau von Mineralen. Bekannte Beispiele sind Mikroben der Tiefen Biosphäre, die Gesteinsporen bis in mehrere Kilometer Tiefe besiedeln. In der Atacamawüste haben Forschende zudem ganze Lebensgemeinschaften aus Flechten, Algen und Pilzen entdeckt, die nur vom Material des Wüstenkieses, Wasserdampf und Sonnenlicht zehren.

Mysteriöse Mikrogänge in Marmor und Kalkstein
Doch jetzt haben Geologen ein endolithisches Phänomen entdeckt, für das sie keine Erklärung haben. In den Wüsten von Namibia, Omans und Saudi-Arabiens stieß das Team um Cees Passchier von der Universität Mainz auf merkwürdige Strukturen: In Marmor- und Kalksteinformationen zeigen sich lange schmale Bänder, die von unzähligen winzigen Röhrchen durchsetzt sind. Diese Mikrotunnel sind etwa einen halben Millimeter breit und bis zu drei Zentimeter lang und leer oder mit weißlichem Krustenkalk gefüllt.
Merkwürdig dabei: „Alle Mikro-Bohrgänge sind strikt parallel, sie kreuzen und verzweigen sich nie“, berichten die Geologen. Gleichzeitig liegen alle Gänge aber dicht nebeneinander und bilden Bänder von bis zu zehn Meter Länge in den Gesteinsformationen. Typischerweise beginnen alle Mikrotunnel eines solchen Bandes nicht an der Erdoberfläche, sondern in tieferen Schichten. Ihre geraden, alle in einer Linie stehenden Oberkanten legen nahe, dass sie in Gesteinspalten und Rissen ihren Anfang nahmen.