Geowissen

Westantarktis: Gletscher sind unterhöhlt

Kerben im Meeresgrund geben warmem Wasser Zugang zur Gletscher-Unterseite

Der in in die Amundsen-See mündende Thwaites-Gletscher ist einer der größten in der Antarktis. Doch unter ihm leiten Senken im Meeresgrund warmes Wasser unter das Eis. © NASA

Fußbodenheizung für Gletscher: Unter den Gletschern der Amundsen-See haben Forscher überraschend tiefe Schluchten im Meeresgrund entdeckt. Diese Täler sind bis zu tausend Meter tief und ziehen sich weit unter das Eis. Das Problem daran: Über diese Kanäle kann warmes Meerwasser unter die Gletscher strömen und sie von unten aufheizen. Immerhin halten Bodenwellen bisher das wärmste Tiefenwasser noch zurück.

Das Eis der Antarktis galt lange als relativ stabil. Doch inzwischen schrumpfen auch auf dem Südkontinent die Gletscher. In Teilen der Westantarktis könnte die Schmelze sogar schon unumkehrbar sein – die dortigen Eisströme werden verschwinden, ohne dass wir es noch aufhalten können. Einer der Gründe dafür: Warmes Tiefenwasser dringt hier weit ins Schelfgebiet vor und lässt die Gletscherausläufer von unten tauen.

Eine besonders anfällige Region der Westantarktis haben nun Romain Millan von der University of California in Irvine und seine Kollegen näher untersucht. Mittels Schwerefeldmessungen von Flugzeugen, sowie Messungen der Eisbewegungen vor Ort wollten die Forscher vor allem die Topografie unter dem Eis der sechs großen Gletscher kartieren, die in die Amundsen-See münden.

Tausend Meter tiefer als gedacht

Dabei zeigte sich: Unter einigen Teilen der Gletscherzungen und des Schelfeises liegen tief eingekerbte Schluchten im Meeresgrund. „Diese Kerben im Meeresboden sind bis zu tausend Meter tiefer als bisher angenommen“, berichtet Millan. Die beiden größten beginnen 1.200 Meter tief unter dem Crosson- und Dotson-Schelfeis und ziehen dann Richtung Küste.

Lage der Amundsen-See in der Westantarktis © gemeinfrei

Durch diese Kanäle kann Wasser aus dem Meer weit in das Schelfeis und unter die Gletscher eindringen. „Die Entdeckung dieser Kanäle gibt uns neue Einblicke in den potenziellen Einfluss von warmem Meerwasser, das das Eis von unten wegschmelzen kann“, erklärt Millan. Auch unter den beiden größten Gletschern dieser Region, dem Pines- und dem Thwaites-Gletscher registrierten die Messungen Hohlräume, wenn auch weniger tief reichende.

Bodenschwelle als Wärmeschutz

Würde das gesamte Eis der Amundsen-Bucht kollabieren und wegtauen, könnte allein dies den globalen Meeresspiegel um 1,20 Meter anheben, so die Forscher. Noch allerdings scheint diese Gefahr zumindest aufgeschoben. Denn wie die Wissenschaftler entdeckten, sind die meisten der tiefen Kanäle unter dem Eis durch Bodenerhebungen zumindest teilweise vom offenen Meer abgetrennt.

„Eine erhöhte Schwelle in 700 Metern Tiefe blockiert den Zugang für das wärmste Meerwasser“, erklärt Koautor Eric Rignot von der University of California in Irvine. „Das bedeutet, dass diese Gletscher dem wärmsten Wasser noch nicht direkt ausgesetzt sind – das sind gute Nachrichten.“ Die Prognosen der künftigen Gletscher-Entwicklung allerdings macht diese komplexe Topografie eher kompliziert und schwieriger. Denn wie viel warmes Wasser genau an die jeweilige Eisunterseite gelangt, muss nun neu modelliert werden. (Geophysical Research Letters, 2017; doi: 10.1002/2016GL072071)

(American Geophysical Union, 23.01.2017 – NPO)

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