Weltweit beeinträchtigen Wetterextreme zunehmend die Pufferwirkung der Vegetation, wie eine Studie bestätigt. Demnach kommen Phasen stockenden Pflanzenwachstums vor allem in den mittleren Breiten heute gut zehn Prozent häufiger vor als noch in den 1980er Jahren. Betroffen sind dabei vor allem Grasland und landwirtschaftliche Flächen. Insgesamt haben Hitze und Trockenheit die CO2-Aufnahme der Vegetation schon messbar beeinträchtigt, wie das Team im Fachmagazin „Nature Climate Change“ berichtet.
Die Pflanzenwelt ist ein wichtiger Puffer im Klimasystem: Durch ihre Aufnahme von Kohlendioxid im Rahmen der Photosynthese gleicht die Landvegetation zurzeit rund 25 bis 30 Prozent der globalen jährlichen CO2-Emissionen aus. Parallel dazu wirkt der Anstieg der CO2-Werte in der Atmosphäre sogar als Dünger und fördert das Pflanzenwachstum. Im Zuge des Klimawandels hat sich dadurch die CO2-Aufnahme der Vegetation erhöht.
Das Problem der Wetterextreme
Das Problem jedoch: Dieser positive Effekt hält nicht an. Denn mit der globalen Erwärmung nehmen auch Wetterextreme wie Hitzewellen, Dürren oder Stürme zu und ziehen die Pflanzenwelt in Mitleidenschaft. Was dies bedeutet, demonstrierte die Dürre- und Hitzewelle im Jahr 2003: Sie verringerte die Pflanzenproduktivität in Europa um 30 Prozent und machte damit vier Jahre der CO2-Aufnahme in dieser Region zunichte. Auch der Amazonas-Regenwald und andere Tropenwälder haben bereits an Pufferwirkung verloren.
Ob dies nur lokale Vorkommnisse sind oder ob die zunehmenden Klimaextreme das Pflanzenwachstum auch schon auf globaler Ebene beeinträchtigen, haben nun David Gampe von der Universität Augsburg und seine Kollegen untersucht. Dafür analysierten sie drei Datensätze der globalen Bruttoprimärproduktion (BPP) und verglichen die Entwicklung von 1982 bis 2016. Parallel dazu werteten sie Klimadaten für diesen Zeitraum aus, um mögliche Korrelationen mit Wetterextremen wie Hitze und Trockenheit zu ermitteln.
Mittlere Breiten besonders betroffen
Das Ergebnis: Phasen mit anomal verringertem Pflanzenwachstum haben in den letzten fast 40 Jahren signifikant zugenommen. In den mittleren Breiten der Nordhalbkugel sind solche Tiefs der Bruttoprimärproduktion heute um 10,6 Prozent häufiger als noch in den 1980er Jahren, wie das Team berichtet. Die Aufnahme von Kohlendioxid ist dadurch im Vergleich zum Durchschnitt dieser Region um 1,12 Milliarden Tonnen gesunken. Aber auch im Amazonas-Gebiet und in Südostasien sind Negativ-Extreme häufiger geworden.
Aus dem Abgleich mit den Klimadaten ging hervor, dass diese Phasen verringerten Pflanzenwachstums zu rund 70 Prozent auf Wetterextreme wie Hitzewellen und Dürren zurückgehen. Der verbleibende Anteil könnte durch indirekte Folgen ungünstiger Wetterbedingungen wie Feuer, Schädlingsbefall oder Wind verursacht worden sein, wie Gampe und seine Kollegen erklären. Ihre Analysen bestätigten zudem, dass die Zunahme von Wetterextremen und der negativen BPP-Phasen quasi im Gleichschritt stattgefunden haben.
Beeinträchtigte Pufferwirkung
„Unsere Ergebnisse belegen, dass weite Teile der Kontinente vermehrt Einbußen ihrer pflanzlichen Produktivität erleben – und dass diese Ereignisse mit den Wetterextremen verknüpft sind“, schreiben die Forschenden. Dies bestätige frühere Studien, die genau diesen Effekt bei Häufung von Klimaextremen vorhersagten. „Die aktuelle Untersuchung deutet darauf hin, dass diese Auswirkungen von Klimaextremen und insbesondere Dürreereignissen bereits im Gange sind, sagt Gampes Kollege Wolfgang Buermann.
Die Analysen bestätigen zudem, dass diese Phasen stockenden Pflanzenwachstums sich auch schon auf die gesamte Pufferwirkung der Vegetation auszuwirken beginnen. Dies passt zu den Aussagen des aktuellen Weltklimaberichts: Auch die Autoren des IPCC weisen auf eine global schwächer werdende Pufferwirkung der CO2-Senken mit fortschreitendem Klimawandel hin.
Äcker und Wiesen leiden am meisten
Interessant auch: Besonders stark wirken sich Wetterextreme auf die Produktivität von Grasland und Äckern aus. Bei diesen haben Phasen negativer Bruttoprimärproduktion um 95 beziehungsweise 84 Prozent zugenommen, wie die Auswertung ergab. Erklärbar ist dies vor allem dadurch, dass die Pflanzen auf diesen Flächen nur flache Wurzeln haben und daher stärker auf regelmäßige Niederschläge angewiesen sind als Waldbäume.
Nach Ansicht von Gampe und seine Team unterstreicht dies, dass sich gerade die Landwirtschaft stärker als bisher an den Klimawandel und die zunehmenden Wetterextreme anpassen muss. Weniger Monokulturen, eine bessere Nutzung vorhandener Ressourcen, andere Pflanzentypen sowie gesellschaftliches Umdenken wären hier Strategien, damit die Landwirtschaft mit den Folgen des Klimawandels besser umgehen kann. (Nature Climate Change, 2021; doi: 10.1038/s41558-021-01112-8)
Quelle: Universität Augsburg