Nicht nur in den sturmgefährdeten Küstenregionen, sondern auch im Binnenland kommt es immer wieder zu gefährlichen Wetterereignissen wie Starkregen, Orkan oder Gewitter – oft mit katastrophalen Auswirkungen. Solche Naturereignisse untersuchen Wissenschaftler im Center for Desaster Management and Risk Reduction Technology (CEDIM) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Ziel ist es, Gefahren rechtzeitig vorherzusagen und so Schäden möglichst effektiv vorzubeugen.
„Heftige Niederschläge über großen Gebieten sorgen vor allem an Rhein, Elbe und Oder immer wieder für Hochwasser. Winterstürme führen durchschnittlich einmal in zehn Jahren zu starken Schäden in vielen Landesteilen. Gewitter haben lokal begrenzt massive Auswirkungen durch Hagelschlag, Blitzschlag, Sturmböen und Starkregen“, beschreibt der KIT-Wissenschaftler Professor Christoph Kottmeier wichtige Extremwetterbedingungen, die die Menschen im Hinterland Deutschlands bedrohen.
Am Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) schätzen Kottmeier und seine Kollegen mit aufwändigen Modellsimulationen mittlere Schadenspotentiale von Sturm und Starkregen ab. Sie erstellen aber auch hochaufgelöste Klima-Szenarien für Extreme im Klimawandel. Um diese wissenschaftlichen Ergebnisse in die praktische Anwendung – zum Beispiel für Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel – zu überführen, wurde am KIT extra das Süddeutsche Klimabüro eingerichtet.
Geländeform beeinflusst Sturmschäden
Die Forscher haben bei ihrer Arbeit festgestellt, dass im Mittelgebirgsraum Sturmschäden an Gebäuden und in Wäldern eindeutig durch Einflüsse der Geländeform auf die Windgeschwindigkeiten geprägt sind. Eine Aufnahme der Schadensmuster im Schwarzwald nach dem Orkan Lothar zeigte beispielsweise, wie sich die Schäden an den westlich und nordwestlich ausgerichteten Flanken der Berge häufen. Die Hänge und Kuppen der ersten Erhebungen östlich des Rheintals waren bei den damals vorherrschenden Windrichtungen während des Sturms besonders betroffen. Es sind jedoch auch Zerstörungen an Hängen zu erkennen, die andere Ausrichtungen haben (beispielsweise in Taleinschnitten) oder sogar im Rheintal liegen.
„Dort haben vermutlich lokale Effekte, die noch näher untersuchen werden müssen, das Windfeld beeinflusst. Insbesondere bestimmen Lichtungen und Waldkanten in besonderer Weise die Sturmgefährdung von Wäldern“, nennt Kottmeier einige weitere wichtige Ergebnisse der Forschung.
Windgefährdungskarte für ganz Deutschland
Ausgehend von Einzelsturmuntersuchungen wie für Lothar haben die Wissenschaftler um Kottmeier eine Windgefährdungskarte bisher unerreichter Detailschärfe für ganz Deutschland erarbeitet. Darin sind numerische Windsimulationen für alle großen Stürme der letzten Jahre, Auswertungen sehr vieler Windmessungen des DWD und statistische Verfahren eingegangen.
„Als Ergebnis konnten wir die maximale Böenwindgeschwindigkeit ermitteln, die einmal in 50 Jahren zu erwarten ist“, sagt Kottmeier. „Deutlich zeichnen sich die hohen Werte über der Nord- und Ostsee sowie in den Hochlagen der Mittelgebirge und der Alpen ab.“
Eine solche Gefährdungskarte kann beispielsweise als Planungsgrundlage für windempfindliche Masten, Leitungen, Windenergieanlagen oder für Windschutzmaßnahmen in Waldbeständen dienen.
(Prof. Dr. Ch. Kottmeier, Center for Desaster Management and Risk Reduction Technology (CEDIM) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 25.04.2008 – DLO)