Warum entstehen extreme Sturmfluten? Wie häufig können solche Naturkatastrophen auftreten? Diese Fragen untersucht jetzt das neue Forschungsprojekt „Modellgestützte Untersuchungen zu Sturmhochwasserständen mit sehr geringen Eintrittswahrscheinlichkeiten an der Deutschen Ostseeküste (MUSE Ostsee)“.
Die Bilder katastrophaler Überschwemmungen sind den Menschen durch die Ereignisse der letzten Jahre stark in Erinnerung. Allein in Deutschland führten Hochwasserereignisse in der jüngeren Vergangenheit zu großen Schäden und Verlusten, wie das Pfingsthochwasser 1999, das Elbehochwasser 2002 oder das aktuelle Sommerhochwasser 2005, für das die Aufräumarbeiten noch nicht abgeschlossen sind.
Über die Grenzen von Deutschland hinaus schockieren die Bilder der Tsunami-Katastrophe in Südostasien 2004 und des Hurricanes „Katrina“ mit noch nicht abschätzbaren Folgen am Mississippi-Delta.
Keine katastrophalen Überschwemmungen seit 1962
Die deutschen Küstengebiete sind seit der Februarflut 1962 von katastrophalen Überschwemmungen verschont geblieben, was nicht zu der Ansicht verleiten sollte, dass die deutschen Küsten gegen solche Gefährdungen uneingeschränkt geschützt sind.
„Eine Sturmflut entsteht durch mehrere, zum Teil zufallsbedingte Ursachen, die fast jederzeit zu einer nie da gewesenen extremen Sturmflut führen können. Insbesondere unter Berücksichtigung der sich ändernden Klimaverhältnisse können solche Extreme nicht ausgeschlossen werden“, so Professor Jürgen Jensen vom Forschungsinstitut Wasser und Umwelt (fwu) der Universität Siegen.
Vor diesem Hintergrund führte das Institut unter seiner Leitung von 2002 bis 2005 ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (bmbf) gefördertes Forschungsprojekt durch, das sich mit der physikalischen Entstehung von extremen Sturmfluten in der Deutschen Bucht und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten befasste. Das Projekt mit dem Namen „Modellgestützte Untersuchungen zu Sturmfluten mit sehr geringen Eintrittswahrscheinlichkeiten an der Deutschen Nordseeküste (MUSE)“ wurde in enger Kooperation mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) und dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) durchgeführt und im Sommer 2005 erfolgreich abgeschlossen.
Ergebnisse nicht auf die Ostsee übertragbar
Jensen: „Mit den Ergebnissen dieses Projektes können wir hoch zufrieden sein. Damit haben wir einen wichtigen Beitrag für die Einrichtung eines modernen risikoorientierten Küstenzonenmanagements in Deutschland geleistet.“ Aufgrund der positiven Ergebnisse wurde jetzt ein Nachfolgeprojekt mit dem Titel „Modellgestützte Untersuchungen zu Sturmhochwasserständen mit sehr geringen Eintrittswahrscheinlichkeiten an der Deutschen Ostseeküste (MUSE Ostsee)“ vom BMBF bewilligt, das entsprechende Ergebnisse für die Ostseeküste liefern soll.
Denn: „Die Ergebnisse des ersten Projektes lassen sich nicht ohne weiteres auf die Ostsee übertragen, da die Ostsee völlig unterschiedliche Systemeigenschaften im Vergleich zur Nordsee aufweist. Durch die Tatsache, dass die Ostsee ein fast geschlossenes Becken ist und kein maßgebender Einfluss der Tide vorhanden ist, entstehen sehr komplexe Schwingungszustände, die zu lang anhaltenden Hochwasserständen führen können“, so Christoph Mudersbach vom Forschungsinstitut Wasser und Umwelt (fwu).
Das Projekt MUSE Ostsee wird mit den bereits erwähnten Kooperationspartnern und zusätzlich mit dem GKSS Forschungszentrum Geesthacht, der Universität Kiel und der Universität Rostock durchgeführt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit einer Gesamtsumme von rund eine Million Euro genehmigt.
(idw – Universität Siegen, 06.09.2005 – DLO)