Blick in die Zukunft: In gut 200 Millionen Jahren könnten sich alle Kontinente der Erde wieder zu einer großen Landmasse vereinen. Wo dieser Superkontinent allerdings liegen wird, dazu gibt es zwei Szenarien: Das Land könnte sich um den Nordpol konzentrieren oder aber einen Superkontinent am Äquator bilden, wie Geologen ermittelt haben. Die Lage dieses Superkontinents hätte entscheidende Auswirkungen auf das Klima unseres Planeten.
Die Oberfläche unseres Planeten ist in ständiger Bewegung. Im Zuge der Plattentektonik driften einige Kontinente aufeinander zu, andere entfernen sich voneinander. Manche bilden auch Riftzonen aus, entlang derer sie ganz allmählich auseinanderbrechen, wie beispielsweise in Ostafrika. Durch diese Dynamik hat sich die Verteilung der Landmassen im Laufe der Erdgeschichte stark verändert – und wird dies auch in Zukunft weiter tun.
Virtuelle Zeitreise in die tektonische Zukunft
Wie die Erde in ferner Zukunft aussehen könnte, haben nun Michael Way vom Goddard Institute for Space Studies der NASA und seine Kollegen untersucht. Sie nutzten eine geophysikalische Simulation, um gewissermaßen vorzuspulen und die heutige Bewegung der Kontinente Millionen Jahre in die Zukunft weiterlaufen zu lassen.
Das Ergebnis der virtuellen Zeitreise: Während die Kontinente heute relativ weit über den Globus verteilt sind, werden sie in rund 200 Millionen Jahren wieder in einem Gebiet konzentriert sein. Sie bilden dann eine einzige große Landmasse – ähnlich wie zuletzt vor rund 200 Millionen Jahren beim Superkontinent Pangäa. Denn schon länger gehen Geologen davon aus, dass die Kontinentaldrift über lange Zeiträume hinweg immer wieder Superkontinente im Wechsel mit verstreuteren Landmassen hervorbringt.
Zwei Möglichkeiten für einen Superkontinent
Doch wo dieser neue Superkontinent liegen wird, ist noch offen. Aus den Simulationen von Way und seinem Team ergeben sich zwei Möglichkeiten: „Im ersten Szenario bildet sich der Superkontinent Amasia in 200 Millionen Jahren im hohen Norden“, berichten die Forscher. Dabei wandern zuerst Asien und Nordamerika aufeinander zu. Dann sammeln sich alle Kontinente außer der Antarktis am Nordpol und verschmelzen zu einer Landmasse. Nur die Antarktis bleibt isoliert am Südpol.
Im zweiten Szenario entsteht der Superkontinent erst etwas später, in rund 250 Millionen Jahren. Diese Aurica getaufte Landmasse umfasst nahezu alle heutigen Kontinente und liegt in der Äquatorregion der Erde – so wie vor knapp einer Milliarde Jahren der angenommene Urkontinent Rodinia. Eine ähnliche Zusammenballung der Landmassen am Äquator prognostizieren auch andere Geologen, darunter Christopher Scotese vom Paleomap Project.
Neu an der aktuellen Studie ist jedoch, dass sich Way und sein Team auch angeschaut haben, welche Auswirkungen die beiden Szenarien auf das Erdklima haben werden. Dabei zeigten sich überraschend große Unterschiede. Allein die Position des Superkontinents kann demnach darüber entscheiden, ob es entweder tropisch warm oder schneereich und kühl wird. „Die Klimaunterschiede zwischen den Szenarien sind dramatisch“, berichten die Forscher. „Die mittlere Oberflächentemperatur unterscheidet sich um mehrere Grad.“
Kalt und schneereich….
Konkret bedeutet dies: Wenn es einen nördlichen Amasia-Superkontinent gibt, dann wird das Klima kühler. Denn mit dem Verschwinden des Nordatlantiks brechen auch die globalen Meeresströmungen zusammen, die heute für den Wärmeausgleich zwischen den Tropen und den hohen Breiten sorgen. Als Folge wird es in den Polarregionen kälter und eisreicher, das wiederum verstärkt die Rückstrahlung des Sonnenlichts ins All.
„Mit Amasia hätte man weit mehr Schneefall und Eisschilde und dadurch bekommt man eine sehr effektive Albedo, die die Temperatur des Planeten weiter absenkt“, erklärt Way. Nur rund 60 Prozent der Landfläche von Amasia wären dann noch mild genug, um zumindest zeitweise flüssiges Wasser an der Oberfläche zu erlauben. Gleichzeitig würden durch die vermehrte Eisbildung auch die Meeresspiegel niedriger liegen als heute.
…oder warm und trocken
Eine ganz andere Welt zeigt sich dagegen im Aurica-Szenario. Die enorme Landmasse am Äquator würde viel Sonnenlicht absorbieren und sich entsprechend aufheizen. Weil es keine polaren Landmassen gibt, wäre auch die Albedo in den hohen Breiten geringer. Beides zusammen könnte de globalen Mitteltemperaturen um rund drei Grad erhöhen, wie die Wissenschaftler ermittelten.
Für das Klima des Superkontinents bedeutet dies: An seinen Küsten herrschen Bedingungen ähnlich wie an den Stränden Brasiliens – Urlaubswetter fast das ganze Jahre hindurch. Im Inneren der gewaltigen Landmasse aber könnte ein warm-trockenes Kontinentalklima herrschen, in dem Steppen und Wüsten dominieren.
Bedeutung auch für die Suche nach lebensfreundlichen Exoplaneten
Nach Ansicht der Forscher demonstrieren diese Ergebnisse, welchen Einfluss allein die Lage eines Superkontinents auf das Erdklima und damit auch auf ihre Lebensfreundlichkeit haben kann. Das wiederum hat auch Bedeutung für die Suche nach habitablen Exoplaneten im All. Denn um abzuschätzen, ob ein erdähnlicher Planet um einen fremden Stern lebensfreundlich sein könnte, nutzen Forscher oft sehr vereinfachte Modelle für ihre möglichen Oberflächen.
„Unsere Resultate belegen, dass es nicht ausreicht, einfach einen Wasserplaneten oder einen Planeten mit moderner Land/Meer-Verteilung zu nutzen, um die mögliche Schwankungsbreite extrasolarer Planetenatmosphären zu modellieren“, konstatieren Way und seine Kollegen. Ob ein Exoplanet habitabel ist oder nicht, kann sich demnach durchaus daran entscheiden, wo seine Landmassen liegen. (American Geophysical Union Annual Meeting 2020; abstract)
Quelle: Earth Institute at Columbia University