Die Windgeschwindigkeiten über den Meeren der Welt haben in den letzten zwei Jahrzehnten zugenommen. Das zeigt eine neue, jetzt in „Science Express“ veröffentlichte Auswertung von Satellitendaten. Erstaunlicherweise scheinen sich die Wellenhöhen nicht überall in gleichem Maße geändert zu haben. Für eine Aussage, ob dies mit der globalen Erwärmung zusammenhängt, ist die Datenreihe zwar noch zu kurz, sie gibt aber einen Einblick in die klimatisch wichtige Grenzfläche zwischen Meer und Atmosphäre.
Die Geschwindigkeit der Winde über den Ozeanen und die daraus folgenden Wellenhöhen spielen eine wichtige Rolle für die Durchmischung der oberen Meeresschichten, aber auch für den Austausch von Energie und Stoffen zwischen Ozean und Atmosphäre und damit für das Klima. Bisherige Messungen der genauen Windgeschwindigkeiten erfolgten per Schiff, durch Punktmessungen, Satellitenbeobachtungen und per Modellierung, fast alle jedoch regional. Die Ergebnisse sind dabei zwar uneinheitlich, zeigen aber einen Trend zu einer Zunahme der Wellenhöhen und Windgeschwindigkeiten vor allem im Nordatlantik und Nordpazifik in den letzten Jahrzehnten.
Um die Entwicklung auch global genauer zu untersuchen, haben Forscher der Swinbourne University of Technology in Melbourne jetzt eine neue Analyse durchgeführt, bei der sie Daten von Satelliten-Altimetern auswerteten. Durch Kombination und Vereinheitlichung der Messdaten mehrerer Plattformen erhielten sie eine Zeitreihe der Wellenhöhen und Windgeschwindigkeiten von mehr als 23 Jahren.
Vor allem Top-Windgeschwindigkeiten erhöht
Das Ergebnis: In den letzten 20 Jahren haben sich die Windgeschwindigkeiten über den meisten Meeren der Erde um mindestens 0,25 Prozent pro Jahr erhöht, dieser Trend ist auf der stärker von Ozeanen geprägten Südhalbkugel ausgeprägter als auf der Nordhalbkugel. Bei den Sturm-Windstärken war diese Entwicklung noch deutlicher, hier haben sich die Windgeschwindigkeiten um mindestens 0,75 Prozent pro Jahr erhöht.
Trend bei der Wellenhöhe weniger eindeutig
Erstaunlich dabei: Obwohl normalerweise stärkerer Wind auch höhere Wellen erzeugt, scheint dies im langfristigen Trend doch etwas komplizierter zu sein. Entgegen ihren Erwartungen entdeckten die Forscher bei der durchschnittlichen Wellenhöhe keine statistisch signifikante Erhöhung über die letzten beiden Jahrzehnte. Nur in der Kategorie der höchsten Wellen zeigte sich in den höheren Breiten eine leichte Steigerung. Dennoch lassen sich für einige Regionen durchaus kausale Zusammenhänge feststellen: „Der südliche Ozean ist von starken Westwinden dominiert, die über ausgedehnte Meeresflächen wehen. Hier finden wir gut korrelierte positive Trends sowohl in Bezug auf die Wellenhöhe als auch in Bezug auf die Windgeschwindigkeit.“
Ursache noch unklar
„Die aktuelle Analyse kann nicht genau feststellen, warum es einen stärkeren Trend bei der Windgeschwindigkeit als bei der Wellenhöhe gibt oder welche physikalischen Prozesse für die beobachteten positiven Trends in beiden Parametern verantwortlich sind“, so die Forscher. Auch über die Rolle der globalen Erwärmung erlauben die Datensätze noch keine Aussage: „Da der gegenwärtige Datensatz nur gut 20 Jahre lang ist, kann man nicht unterscheiden, ob es sich um einen kontinuierlich ansteigenden oder sich beschleunigenden Trend handelt, der auch in die Zukunft extrapoliert werden könnte, oder aber einfach nur den aufsteigenden Ast einer Multi-Dekaden-Oszillation. Erst ein längerer Datensatz kann diese Möglichkeiten eingrenzen.“
(Science /AAAS, 28.03.2011 – NPO)