Sahara, Gobi oder Atacama – sie sind das Sinnbild für Trockenheit, Hitze und Lebensfeindlichkeit. Doch an der Ausbreitung der Wüsten trägt häufig der Mensch selbst Schuld. Nun sollen Satelliten vermehrt diesen Prozess der Desertifikation überwachen. Die Forscher des Helmholtz-EOS erhoffen sich dadurch neue Erkenntnisse im Kampf gegen die Wüstenbildung.
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Niederschläge sind Mangelware, zumindest auf etwa einem Drittel der globalen Landflächen – es herrschen aride oder semiaride Bedingungen. Der Mensch hat sich an das Leben in diesen Trockengebiete im Lauf der Evolution angepasst, sei es durch Nomadentum, den Brunnenbau oder die moderne künstliche Bewässerung. Doch durch die Ausweitung seines Lebensraumes in diese fragilen Ökosysteme „sägt“ der Mensch zugleich an dem Ast, auf dem er sitzt: So haben Überweidung, Ausweitung der bewässerten Fläche oder veränderte Klimabedingungen in den letzten Jahrzehnten zu einer dramatischen Zunahme ausgelaugter und degradierter Böden geführt – mit fatalen Folgen für die Landwirtschaft.
Auch Europa ist betroffen
So sind die globalen Zahlen denn auch ernüchternd: Weltweit sind rund zwei Milliarden Hektar Ackerland und Weideflächen von der Bodenverschlechterung betroffen. Das sind 15 Prozent der Böden weltweit, was einer Fläche von der Größe der Vereinigten Staaten und Mexikos zusammen entspricht. In den Gebieten leben rund eine Milliarde Menschen, stets von Hunger und Ernteausfällen bedroht. Doch die Ausdehnung wüstenähnlicher Gebiete ist nicht nur auf das „ferne“ Afrika oder Asien beschränkt. Auch in Europa leiden die Böden. So ist insbesondere der Mittelmeerraum, der ursprünglich von dichten Eichenwäldern bedeckt war, akut von Desertifikation betroffen. Bereits heute findet man rund um das Mittelmeer nur noch niedrige Buschwälder.
Doch umso deutlicher die Wüstenbildung bereits mit bloßem Auge zu erkennen ist, desto schwieriger ist häufig die Umkehr des schleichenden Prozesses. Um das Land zumindest teilweise zu retten, muss daher eine Desertifikation schon im Frühstadium erkannt und die richtigen Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Dies soll zukünftig durch die Zusammenarbeit des GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) und des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) erleichtert werden. Neben dem GFZ und dem DLR sollen auch das Forschungszentrum Jülich und das Umweltforschungszentrum Leipzig/Halle (UFZ) eingebunden werden.
Ihr gemeinsames Ziel ist die Auswertung von Satellitendaten so zu verbessern, dass durch ein Monitoring aus dem All eine Abnahme der Bodenfruchtbarkeit rechtzeitig diagnostiziert werden kann. Noch in diesem Jahr wird daher der neue Hyperspektralsensor ARES seinen Dienst aufnehmen und den Mittelmeerraum, Namibia und das nördliche Afrika beobachten. Der Vorteil der Fernerkundung liegt auf der Hand, denn nur mit ihrer Hilfe lassen sich solch große Flächen auf Dauer verhältnismäßig kostengünstig überwachen.
ARES auf Wüstensuche
Insbesondere Schlüsselindikatoren für die Wüstenbildung werden von ARES ins Visier genommen: Wie nimmt die Vegetationsdichte oder die Vielfalt der Pflanzen ab, kommt es zur vermehrten Bildung von Sanddünen oder legt die Erosion nackten Fels oder Mineralien wie Gips frei? Darüber hinaus gilt es, die indirekten Indikatoren wie die Bevölkerungsentwicklung oder die Expansion landwirtschaftlicher Nutzflächen im Blick zu behalten. Aus diesem Mix biologischer, geologischer, landwirtschaftlicher, physikalischer und sozio-ökonomischer Prozesse wird anschließend die Wahrscheinlichkeit und räumliche Ausdehnung zukünftiger Wüstenbildungen abgeleitet.
Das Forschungsprojekt „Desertifikation in semi-ariden Räumen“ ist aber nur eines von vielen Arbeitsfeldern des “Integrated Earth Observing System (EOS)” der Helmholtz-Gesellschaft. Zahlreiche Wissenschaftler aller Fachrichtungen arbeiten derzeit über ihre Projektgrenzen hinweg und vernetzen ihre Forschungsergebnisse in diesem Erdbeobachtungssystem. So werden die Prozesse an der Landoberfläche in weiteren Programmen wie der „Kohlenstoffbilanzierung“, der „Entwicklung urbaner Räume“ oder dem „Management agrarischer und forstlicher Ökosysteme“ unter die Lupe genommen.
(Helmholtz-EOS, 20.05.2005 – AHE)