Gesellschaft

Zensieren Trump-Behörden ihre Forscher?

Pressemitteilungen zu Klimawandel-Studien werden unterdrückt oder umgeschrieben

Zensur?
US-Behörden behindern offenbar zunehmend das Publikmachen von Studienergebnissen zum Klimawandel und seinen Folgen © Eric Falco/ iStock.com

Maulkorb für Forscher: Die klimaskeptische Haltung der US-Regierung beeinflusst inzwischen auch die Wissenschaftskommunikation, wie Berichte nahelegen. Demnach haben mehrere US-Behörden aktiv Pressemitteilungen zu Klimawandel-Studien eigener Forscher unterdrückt oder verändert. Zwar werden die wissenschaftlichen Studien weiterhin durchgeführt, ohne Pressemitteilungen aber erhalten sie weniger Aufmerksamkeit.

Dass US-Präsident Donald Trump wenig mit Klimawandel und Klimaschutz anzufangen weiß, ist spätestens nach seiner Aufkündigung des Pariser Klimaabkommens offensichtlich. Zudem hat er seit seinem Regierungsantritt im Januar 2017 leitende Positionen im Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, sowie in weiteren Behörden mit eher industriefreundlichen, klimaskeptischen Personen besetzt.

March for Science
March for Science: Ausgelöst durch Donald Trumps wissenschaftsskeptische Haltung protestierten bereits 2017 tausende Menschen in den USA und anderen Ländern für die Freiheit der Wissenschaft. © Becker1999/ CC-by-sa 2.0

Wissenschaftliche Integrität in Gefahr?

Aber welche Folgen hat dies für die wissenschaftliche Arbeit dieser Behörden? Bisher hieß es von offizieller Seite stets, dass es keine Direktive gebe, unliebsame Themen wie den Klimawandel zu meiden oder zu unterdrücken. Ähnliches versprach auch James Reilly, 2018 von Trump ernannter Direktor des US-Geological Survey (USGS). „Ich bin der wissenschaftlichen Integrität verpflichtet“, betonte er. „Wenn jemand kommt und sagt, ich solle etwas aus politischen Gründen ändern, dann würde ich höflich ablehnen.“

Die Realität sieht jedoch anders aus, wie nun Berichte unter anderem vom Science Magazine, der New York Times und dem Magazin Politico nahelegen. Demnach wurden in mehreren Behörden Pressemitteilungen zu Studien eigener Forscher über Klimafolgen zurückgehalten oder so verändert, dass der Begriff Klimawandel nicht mehr auftaucht. „Es wurde uns klargemacht, dass wir diesen Begriff nicht mehr in unseren Pressemitteilungen verwenden sollen“, berichtete ein Wissenschaftler.

Die Reis-Studie und das USDA

Ein eklatantes Beispiel ist das US- Landwirtschaftsministerium (USDA). Dort sollen nach Recherchen des Magazins Politico in den letzten Jahren Dutzende von unliebsamen Studien aus dem eigenen Hause kleingehalten worden sein, indem Pressemitteilungen dazu verweigert oder zurückgehalten wurden. Betroffen war unter anderem eine Studie zu den Auswirkungen steigender CO2-Werte auf die Inhaltsstoffe von Reis – immerhin dem Hauptnahrungsmittel für mehr als eine Milliarde Menschen.

Die im Mai 2019 im Fachmagazin Science Advances erschienene Studie kam zu dem Schluss, dass Reis schon Ende des Jahrhunderts zwischen 13 und 30 Prozent weniger B-Vitamine und zehn Prozent weniger Protein enthalten wird, wenn die CO2-Werte weiter steigen. Während die Universitäten der meisten beteiligten Forscher dazu eine Pressemitteilung veröffentlichten, weigerte sich das USDA – und versuchte sogar, die University of Washington ebenfalls von einer Veröffentlichung abzuhalten, wie ein Mitarbeiter der Presseabteilung der Universität berichtet. Angeblich seien die Daten nicht ausreichend und das Ergebnis anfechtbar, hieß es seitens des USDA.

USGS: Klimafolgen ohne Klimawandel

Von einem weiteren eklatanten Fall berichtet der Journalist Scott Waldmann in E&E News. In einer im März 2019 im Fachmagazin Scientific Reports publizierten Studie hatten US-Forscher die Folgen des Klimawandels auf die kalifornische Küste mithilfe eines neuen Modells analysiert. Die Studie ergab, dass in Kalifornien bis 2100 jährlich mehr als 150 Milliarden US-Dollar an Immobilienwerten – sechs Prozent des kalifornischen Bruttoinlandprodukts – und 600.000 Menschen von Überflutungen durch steigende Meeresspiegel und zunehmende Stürme betroffen sein werden.

Die von den Forschern dazu eingereichte Pressemitteilung wurde jedoch von der Pressestelle des USGS stark verändert. Der Bezug zum Klimawandel wurde aus dem Titel gestrichen und die Mitteilung so umgeschrieben, dass der Schwerpunkt auf der Methode und den „für die Küstenplanung hilfreichen Ergebnissen verschiedener Szenarien“ lag. Von den schwerwiegenden Folgen der Klimafolgen für die kalifornische Wirtschaft kein Wort.

Und dies ist kein Einzelfall, wie Waldmann berichtet: Im letzten Jahr der Obama-Regierung veröffentlichte das USGS noch 13 Pressemitteilungen, die sich schon im Titel auf den Klimawandel bezogen. Seither jedoch – von 2017 bis Anfang 2019, tauchte der Begriff Klimawandel nicht in einem einzigen Mitteilungstitel der Behörde auf.

„Eine Beleidigung der Wissenschaft“

„Das ist eine Beleidigung der Wissenschaft, aber auch ein Affront gegenüber den Menschen, die diese Informationen benötigen und deren Lebensunterhalt und manchmal auch Leben davon abhängen“, konstatiert der frühere Mitarbeiter des US-Innenministeriums Joel Clement in E&E News. „Es ist schockierend, dass selbst Informationen, die essenziell für Wirtschaft, Gesundheit und Sicherheit sind, im Prinzip zurückgestellt und versteckt werden.“

Zwar scheint die Trump-Regierung bisher die wissenschaftlichen Studien zu solchen „unliebsamen“ Themen nicht zu blockieren. Doch indem sie verhindert, dass die Ergebnisse publik gemacht werden oder die Pressemitteilungen dazu zensieren lässt, greift sie in die Wissenschaftskommunikation ein und schränkt auch die Freiheit der Forscher ein.

„Wir sind uns des politischen Drucks ziemlich bewusst“, berichtet ein an einem staatlichen Institut arbeitender Forscher gegenüber Waldmann. Wenn es um das Schreiben von Pressemitteilungen gehe oder die Formulierung von Projektanträgen, überlege man schon sehr genau, ob man das Wort Klimawandel verwende oder nicht.

Quelle: Science Magazine, E&E News, Politico

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