Abnehmende Umwälzströmung: Die Umwälzströmung im Atlantik schwächelt offenbar nicht nur an ihrem nördlichen Ende – auch ein wichtiger Zubringerstrom vor Florida hat sich im letzten Jahrhundert abgeschwächt, wie eine Studie nahelegt. Demnach hat das Wasservolumen, das im Florida-Strom nach Norden fließt, um 1,7 Millionen Kubikmeter pro Sekunde abgenommen. Das stützt Indizien für eine generelle Abschwächung der Nordatlantik-Zirkulation.
Die Nordatlantische Umwälzströmung (AMOC) ist ein Motor der globalen Meeresströmungen und ein wichtiger Einflussfaktor für das Klima. Denn sie treibt den Golfstrom und Nordatlantikstrom an, die warmes Wasser aus der Karibik bis nach Europa bringen. Vor Grönland sinkt das warme Wasser in die Tiefe und strömt als kaltes Tiefenwasser zurück nach Süden.
Doch der Klimawandel setzt dieser auch für unser europäisches Klima so wichtigen Zirkulation zu. Durch den vermehrten Einstrom von Schmelzwasser und den Rückgang des Meereises hat sich die AMOC schon um rund 15 Prozent abgeschwächt, wie Messungen zeigen.
Quellgebiet des Golfstroms im Blick
Jetzt zeigt sich, dass auch einer der wichtigsten Zubringer des Golfstroms von dieser Abschwächung betroffen sein könnte – der Florida-Strom. Diese vor der Südküste Floridas beginnende Strömung ist zusammen mit dem kleineren Antillenstrom einer der wichtigsten Zubringer warmen Wassers für den Golfstrom. Ob und wie stark sich das von dieser Strömung transportierte Wasservolumen in den letzten hundert Jahren verändert hat, war bislang unklar.
Für seine Studie hat Christopher Piecuch von der Woods Hole Oceanographic Institution in Massachusetts das Wasservolumen des Florida-Stroms seit 1909 rekonstruiert. Er wertete dafür Pegelstände aus, die seit damals regelmäßig an der Küste Floridas und auf den Bahamas gemessen wurden. Über physikalische Modelle lässt sich daraus indirekt ermitteln, wie viel Wasser mit dem Florida-Strom zwischen beiden Messstellen nach Norden strömt.
Wassertransport ist seit 1909 gesunken
Das Ergebnis: Seit 1909 hat sich das Transportvolumen des Florida-Stroms nahezu stetig verringert. So lag die Durchschnittsmenge Anfang des 20. Jahrhunderts noch bei mehr als 33 Millionen Kubikmetern pro Sekunde. Von 1982 bis heute liegt das transportierte Wasservolumen dagegen bei im Schnitt bei 31,8. „Der 100-Jahres-Trend zeigt eine Verringerung um 1,7 Millionen Kubikmeter pro Sekunde“, berichtet Piecuch.
Die größte Abschwächung des Florida-Stroms ist in den letzten zwei Jahrzehnten aufgetreten. In dieser Zeit waren die Zehnjahreswerte für den Wassertransport die niedrigsten der gesamten letzten 110 Jahre, wie der Forscher ermittelte. „Das Timing dieser Extreme kann nicht allein durch natürliche Fluktuationen erklärt werden“, so Piecuch. Dieser Trend zur stetig stärkeren Abschwächung sei trotz natürlicher Schwankungen klar erkennbar.
Resultat bestätigt Abschwächung der AMOC
Nach Ansicht von Piecuch stützen seine Ergebnisse die Annahme, dass sich die Nordatlantische Umweltströmung abschwächt. Denn wenn in der Tiefe weniger kaltes Wasser vom hohen Norden bis in Äquatornähe fließt, erzeugt dies den Modellen zufolge auch eine Verlangsamung der warmen Gegenströmung an der Meeresoberfläche – und genau das lässt sich nun am Florida-Strom beobachten.
Noch ist die Aussagekraft dieser Ergebnisse dadurch begrenzt, dass sie nur gut 100 Jahre zurückreichen. Der Wissenschaftler hofft daher, dass künftige Studie diese Zeitreihe noch weiter in die Vergangenheit verlängern – das würde die statistischen Unsicherheiten deutlich reduzieren. (Nature Communications, 2020; doi: 10.1038/s41467-020-17761-w)
Quelle: Woods Hole Oceanographic Institution