Spannender Fund: Forscher haben einen möglichen Eisvulkan auf dem Zwergplaneten Ceres entdeckt. Seine Struktur und Form ähneln verblüffend der von irdischen Lavadomen. Der Ahuna Mons getaufte Berg wurde allerdings nicht von aufsteigender Lava geschaffen, sondern von halbgetautem Eis, Salzlake und Schlamm, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten. Woher der Zwergplanet dafür jedoch die Wärme nimmt, bleibt vorerst rätselhaft.
Seit März 2015 umkreist die NASA-Raumsonde Dawn den Zwergplaneten Ceres – den mit Abstand größten Brocken im Asteroidengürtel unseres Sonnensystems. Ihre Aufnahmen des auf den ersten Blick eher unauffälligen Himmelskörpers haben bereits einige Überraschungen enthüllt. Darunter sind mehr als 130 weiße Flecken, die sich als Salz gemischt mit Wassereis entpuppten und ein seltsamer Mangel an größeren Kratern.
Vulkandom aus Eis und Schlamm?
Einen weiteren ungewöhnlichen Fund haben nun Ottaviano Ruesch vom Goddard Space Flight Center der NASA und seine Kollegen gemacht. Bei der Auswertung von Bilddaten der Raumsonde stießen sie in Äquatornähe von Ceres auf einen einzeln stehenden, seltsam geformten Berg. „Dieser Berg ist in seiner Größe, Form und Morphologie einmalig“, berichten sie.
Ahuna Mons, so der Name des Berges, ist rund vier Kilometer hoch und kuppelförmig gewölbt. Er besitzt eine ovale, gut 20 mal 13 Kilometer große Grundfläche mit einem leicht eingedellten, von Rissen durchzogenen Gipfelplateau. Mit dieser Form, keinen Anzeichen für tektonische Aktivität und seinem isolierten Standort gleicht der Berg eher vulkanischen Domen auf der Erde als typischen Erhebungen auf bisher bekannte Zwergplaneten.
„Einzigartig im Sonnensystem“
Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte es sich daher bei Ahuna Mons um einen Vulkandom handeln. Auf der Erde entstehen diese rundlichen Berge, wenn ein Vulkan nicht explodiert, sondern sich die aufsteigende Lava nur zähflüssig aufwölbt. Im Falle von Ahuna Mons jedoch muss zähflüssiges, halbgeschmolzenes Eis vermischt mit Salzwasser und Schlamm die Rolle der irdischen Lava übernommen haben.
„So etwas wie Ahuna Mons gibt es im Sonnensystem bisher nicht“, sagt Koautorin Lucy McFadden vom Goddard Space Flight Center der NASA. „Das ist der erste Cryovulkan, der durch eine Mischung aus Salzlake und Lehm produziert wurde.“ Andere bekannte Eisvulkane, beispielsweise auf den Saturnmonden Titan und Enceladus ähneln eher Geysiren und speien Eiskristalle und Wasserdampf.
Woher stammt die Wärme?
Ahuna Mons gibt noch ein Rätsel auf: Damit halbgeschmolzenes Eis und Schlamm aufsteigen können, muss es unter der Oberfläche warm sein – etwa minus 43 Grad in 50 Kilometern Tiefe, wie die Forscher ausrechneten. Doch woher kommt diese Wärme? Bei anderen Vulkanen auf eisigen Himmelskörpern sorgen meist starke Gezeitenkräfte für die nötige Energie. So dehnt und staucht die Schwerkraft des nahen Planeten das Innere von Monden wie Io oder Titan und erwärmt es dadurch.
Doch der Zwergplanet Ceres kreist allein, weitab von größeren Begleitern im Asteroidengürtel. Bei ihm können daher keine Gezeitenkräfte am Werk sein. „Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass Ceres eine langanhaltende Wärmequelle im Inneren besitzen muss“, konstatieren Ruesch und seine Kollegen. Doch woraus diese besteht, ist bisher unbekannt.
Geologisch erstaunlich jung
Noch rätselhafter wird das Ganze durch die Tatsache, dass Ahuna Mons geologisch noch sehr jung ist. Dafür sprechen unter anderem die glatte, nahezu kraterlose Oberfläche des Berges und seiner Umgebung. Auch die steilen Hänge, die feinen, noch erhaltenen Strukturen des Gipfelplateaus und die relativ helle Farbe des Materials deuten auf ein geringes Alter hin, wie die Forscher berichten.
„Wir sind relativ sicher, dass Ahuna Mons sich innerhalb der letzten Milliarde Jahre gebildet haben muss, wahrscheinlich sogar erst vor wenigen hundert Millionen Jahren „, sagt Ruesch. Das sei überraschend, weil gerade kleinere Himmelskörper wie Ceres die Wärme aus ihrer Entstehungszeit schnell verlieren. „Doch Ahuna Mons sagt uns, dass Ceres noch immer genügend Wärme hatte, um einen relativ jungen Cryovulkan zu schaffen“, so der Forscher.
Ruesch und seine Kollegen hoffen, die vielen offenen Fragen mit Hilfe weiterer Daten der Raumsonde Dawn und ihrer Instrumente zu beantworten. Sie könnte auch klären, ob es auf Ceres möglicherweise noch andere, weniger eindeutige Vertreter solcher Vulkandome gibt. (Science, 2016; doi: 10.1126/science.aaf4286)
(NASA/ AAAS, 05.09.2016 – NPO)