Millionen Galaxien und Sterne: Das europäische Euclid-Weltraumteleskop hat den ersten Teil seiner Himmelskarte geliefert. Das 208 Megapixel große Mosaik umfasst einen Himmelsstreifen von der 500-fachen Fläche des Vollmonds und zeigt die darin enthaltenen Himmelsobjekte in spektakulärem Detail. Dies repräsentiert jedoch erst ein Prozent der ganzen Karte, die in den nächsten sechs Jahren neue Erkenntnisse über die Verteilung der normalen und Dunklen Materie liefern und die Diskrepanzen bei der kosmischen Expansion klären soll.
Das im Sommer 2023 ins All gestartete europäische Weltraumteleskop Euclid soll eine der genauesten und umfassendsten Karten der Materieverteilung und Galaxienspektren erstellen – und damit mehr Licht in die „dunkle Seite“ des Universums bringen. Denn sowohl die Verteilung der normalen und Dunklen Materie als auch die von der Dunklen Energie angetriebene kosmische Expansion zeigen bisher schwer erklärbare Diskrepanzen zu kosmologischen Modellen.
Um dies zu klären soll Euclid Galaxien und andere Himmelsobjekte bis zu einer Entfernung von zehn Milliarden Lichtjahren vermessen. Durch die Fähigkeit des Teleskops, einen großen Himmelsausschnitt in nur einem Durchgang, aber dennoch scharf und mit hoher Auflösung abzubilden, ist Euclid besonders gut für eine detailreiche und dennoch umfassende Kartierung geeignet.
132 Quadratgrad des Kosmos auf einen Blick
Jetzt hat die Europäische Weltraumagentur ESA das erste Stück der Euclid-Himmelskarte vorgestellt – quasi die erste Seite des neuen, dreidimensionalen Himmelsatlas. Das Mosaik zeigt 132 Quadratgrad des Südhimmels in hoher Auflösung – dies entspricht der mehr als 500-fachen Fläche des Vollmonds. Die Karte beruht auf 206 Beobachtungen, die das Weltraumteleskop innerhalb von nur zwei Wochen im Frühjahr 2024 erstellt hat.
„Dieses atemberaubende Bild ist der erste Teil einer Karte, die in sechs Jahren mehr als ein Drittel des Himmels abdecken wird. Zwar handelt es sich nur um rund ein Prozent der Gesamtkarte, aber sie ist voller verschiedener Objekte, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern helfen werden, neue Wege zur Beschreibung des Universums zu finden“, sagt Valeria Pettorino, Euclid-Projektwissenschaftlerin bei der ESA.
Hochgenauer Blick auf Millionen Galaxien
Der jetzt veröffentlichte Teil der Himmelskarte zeigt einen quer über den Südhimmel reichenden Streifen, der gut 14 Millionen Galaxien sowie Millionen Sterne aus unserer Milchstraße enthält. Mithilfe seiner hochauflösenden Teleskopkamera und dem Nahinfrarot-Spektrografen-und-Photometer NISP kann Euclid nicht nur feinste Strukturen der Himmelsobjekte abbilden, es ermittelt auch die genaue Position, Rotverschiebung und weitere spektrale Merkmale. Diese liefern wichtige Informationen über die Bewegung, Entfernung und Verteilung der Galaxien.
Diese Daten verraten Astronomen, wie schnell sich das Universum ausdehnt und wie hoch und gleichmäßig die Materiedichte in verschiedenen Himmelsregionen ist. Das erlaubt Rückschlüsse auf die Dunkle Energie, die als Antrieb für die kosmische Expansion gilt, aber auch auf die Verteilung der Dunklen Materie im Kosmos. Eine Besonderheit in der Euclid-Himmelskarte sind die bläulich schimmernden Schlieren, die in der Übersichtsaufnahme zu erkennen sind. Sie entstehen durch Gasschwaden in der Milchstraße, die Astronomen wegen ihrer Ähnlichkeit zu irdischen Zirruswolken auch als galaktische Zirren bezeichnen.
Erst der Anfang
Das heute veröffentlichte Mosaik ist jedoch nur ein Vorgeschmack auf das, was die Euclid-Mission noch liefern wird. Seit Beginn der Kartierung im Februar 2024 hat das Teleskop bereits rund zwölf Prozent seiner Himmelsdurchmusterung abgeschlossen. Täglich sendet Euclid dafür etwa 100 Gigabyte an Bildern und Spektren zur Erde – noch nie hat eine astronomische Weltraummission in so kurzer Zeit so viele Daten geliefert. Dies ist auch für die Datenerfassung und -verarbeitung eine echte Herausforderung, wie das Euclid-Team erklärt.
Um dies bewältigen zu können, hat das Euclid-Konsortium ein europäisches Netzwerk von neun Datenzentren aufgebaut. Eines davon ist das Deutsche Wissenschaftsdatenzentrum, das 7.000 Prozessoren umfasst und rund zehn Prozent der Daten verarbeiten wird. „Die sich ständig ändernde Soft- und Hardware stellt unser Team vor große Herausforderungen, um die termingerechte Verarbeitung sicherzustellen“, erklärt Maximilian Fabricius vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik. „Wir sind jedoch stolz, wie gut nun doch alles zusammenspielt.“
Die Veröffentlichung der kompletten Daten für die ersten 53 Quadratgrad der Vermessung, einschließlich einer Vorschau auf die Euclid-Deep-Field-Gebiete, soll im März 2025 erfolgen. Die kosmologischen Daten des kompletten ersten Missionsjahres werden 2026 veröffentlicht.
Quelle: European Space Agency (ESA), Max-Planck-Institut für Astronomie